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Suppe mit Dyab-la, Speck und Rum
Es gibt auf Santa Lemusa erstaunlich viele Geschichten, in denen schwarze Bohnen eine zentrale Rolle spielen. Das mag teilweise natürlich daher rühren, dass Dyab-la auch in der Küche der Insel oft und gern Verwendung finden. Vielleicht ist es aber auch die Schwärze der Bohnen, welche die Phantasie der Geschichtenerzähler anregt – denn Lebensmittel, die so tiefschwarz sind wie die Dyab-la, sind in der Natur doch eher selten (wobei hier einschränkend anzumerken ist, dass die Haut der Bohnen beim Kochen manchmal eine ganz leicht rötliche Färbung annehmen kann).
«Ich verlange viel für alles Schwarze», sagt der Koch (Richard Bohringer) in Peter Greenaway's Film «The Cook, The Thief, His Wife & Her Lover» (1989): «Trauben, Oliven, Johannisbeeren. Den Leuten gefällt es, wenn sie an den Tod gemahnt werden: Schwarze Speisen verzehren ist so, als würde man den Tod verschlingen, als würde man sagen: Haha, Tod, ich fresse dich auf. […] Schwarze Trüffeln sind das Teuerste – und Kaviar: Tod und Geburt. Finden Sie es nicht passend, dass die teuersten Dinge schwarz sind?»
Im Innern der schwarzen Dyab-la-Bohne allerdings verbirgt sich ein cremeweisser Kern – wie ein Licht inmitten der Dunkelheit. Diese «Dialektik» der Dyab-la-Bohne spielt nicht nur in den diabolischen Geschichten eine wichtige Rolle («Der Teufel und die schwarzen Bohnen»). Auch in der Legende der «Covifs di Majorin» (der «Tafelfreunde vom Majorin») scheitert die Freundschaft zwischen dem Schrägen Vogel und der Bärtigen Schildkröte zunächst daran, dass der Vogel nicht imstande ist, sich durch die schwarze Schale zum weissen Kern der Bohne durchzubeissen. Das ruft schliesslich den Tränensammler auf den Plan, der die verfahrene Situation mit Hilfe einer Suppe klären kann. Diese Geschichte wiederum hat die Künstlerin Lena Eriksson interessiert als sie als Gastkünstlerin auf Santa Lemusa weilte.
Die Suppe des Tränensammler (auch manchmal «Soup Kopen», «Suppe der Freunde» genannt) ist ein Gericht, das vor allem in ländlichen Gegenden gerne gekocht wird. Die Kombination aus Dyab-la, diversen Kräutern, Speck und Rum führt zu einem kräftig-herben, an nasses Laub und den Rauch von Lagerfeuern erinnernden Aroma. Man kann die Suppe des Tränensammler mit einem Stück Zitrone (oder Limette) servieren. Die Säure allerdings verleiht dem Gericht mehr als nur eine neue Note, sie verwandelt es geradezu. Der etwas dumpfe Laubgeschmack wird zu einem grünlichen Prickeln, Frische zieht ein und das Aroma bekommt etwas Unberechenbares, scheint sich von einem Löffel zum nächsten stark zu verändern. Am besten probiert man verschiedene Kombinationen aus Suppe, Rum und Zitrone aus.
Bei diesem Rezept sollten die Bohnen am besten schon am Vorabend eingewicht werden.
250 g Dyab-la (oder ersatzweiseauch andere schwarze Bohnen)
200 g geräucherten Speck, in längliche, etwa 0.5 cm dicke Stäbchen geschnitten
3 bis 4 Zweige Flachpetersilie
4 kleinere Zweige frischer Thymian
3 Frühlingszwiebeln, in etwa 1 cm dicken Rädchen
1 Stück Stangensellerie (ca. 50 bis 100 g), in etwa 2 cm langen Stücken
1 grüne Chili-Schote, entkernt und in Streifen geschnitten
10 schwarze Pfefferkörner, ganz
Salz (oder etwas salzige Hühnerbrühe)
1 bis 2 dl alter Rum (zum Beispiel Drivayè)
Anstatt den Rum vor dem Servieren in die Suppe zu geben, kann man auch jedem Gast ein Glas Rum kredenzen, mit dem er seine Suppe individuell würzen kann. Da der Rum in der Hitze der Suppe schnell an Aroma verliert, ist diese Vorgehensweise vielleicht sogar besser. Man kann die Suppe mit einem kräftigen Brot servieren. Besonders lecker ist auch die Kombination mit (kleineren) Pellkartoffeln.
First Publication: 11-2006
Modifications: 16-2-2009, 18-10-2011