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Gewürze aus Santa Lemusa

Abkürzungen

Die Lorbeerzweige tragen wechselständige, kurz gestielte, rund 10 cm lange Blätter, die an beiden Enden zugespitzt sind. (Botanischer Garten von Brüglingen bei Basel, April 2009)

Lorbeer

Und das weiss das Lexikon

Geschichte. Der Lorbeerbaum war, laut Hansjörg Küster («Kulturgeschichte der Gewürze», S. 137), auf den wir uns in diesem Abschnitt vor allem beziehen, im Tertiär fast überall in Europa zu Hause. Erst durch die Kälteeinbrüche der Eiszeiten wurde seine nördliche Verbreitungsgrenze weit in den Süden verschoben. Heute verläuft sie grundsätzlich südlich der Alpen, verschiebt sich aber allmählich wieder nach Norden. Laut Gernot Katzer Jonas Fansa («Picantissimo», S. 151) war der Lorbeer in der griechischen Antike dem Zeus heilig und wurde zur Bekränzung der siegreichen Athleten in Olympia verwendet. Laut Küster war er in Hellas dem Apoll geweiht und jede der Apoll gewidmeten Stellen war mit Lorbeer umgeben, auch das Heiligtum von Delphi am Parnass: «Dort sass Pythia, die allgewaltige Orakelspenderin, auf einem Schemel, der mit Lorbeerblättern geschmückt war. Ihre Lossprüche verkündete sie, während sie auf Lorbeerblättern kaute.» Auch die Nymphe Daphne besass Lorbeerbäume – und als Apoll sie verfolgte, wurde sie selbst in einen Lorbeerbaum verwandelt: «Apollo trug seitdem immer einen Lorbeerkranz. Weil er der Gott der Kämpfenden und Siegenden war, diente der Lorbeerkranz fortan als Siegeszeichen der Kriegsgewinner, Olympioniken und Dichter – und dabei blieb es, bei Hellenen, Hellenisten und Philhellenen.»

Die Römer schätzten offenbar vor allem die «Lorbeeren» selbst, also die Früchte, die als Gewürz eingesetzt wurden. Die ersten Christen verstanden den Lorbeer wegen seiner immergrünen Blätter als Symbol der Unvergänglichkeit – und betteten die Toten auf seine Blätter. Im Mittalter war der Lorbeer zwar als Heilmittel verbreitet, jedoch offensichtlich nicht als Gewürz. Erst ab dem 16. Jahrhundert finden sich wieder Rezepte, die Lorbeer als Gewürz verwenden. 1894 schreiben Robert Habs und Leopold Rosner («Appetit-Lexikon», S. 300): «Lorbeerblätter […] bilden eine sehr gesuchte und höchst geschmackvolle Zutat zu allerlei Fischsaucen, Jubiläen, Reissuppen, Siegesfesten, wilden Schweinsköpfen und zahmen Dichterstirnen und werden bei den gedachten Gelegenheiten namentlich in Deutschland in solcher Menge verbraucht, dass die Jahreseinfuhr von etwa 900 Zentnern kaum den Bedarf deckt.»

Pflanze. Der Lorbeerbaum (Laurus nobilis; engl. bay leaf, bay laurel, sweet bay; franz. laurier, laurier-sauce; span. laurel, lauro; ital. alloro) gehört zur vorwiegend in den Tropen heimischen Familie der Lauraceae (Lorbeergewächse). Lorbeer ist ein immergrüner Strauch oder Baum, der bis 15 m hoch wachsen kann. Die braunen Zweige sind kahl und tragen wechselständige, kurz gestielte, rund 10 cm lange Blätter, die an beiden Enden zugespitzt sind, auf der Oberseite glänzend dunkelgrüne, auf der Unterseite matt. Die Blätter haben eine ledrige Textur und einen glatten, typischerweise leicht gewellten Rand. Es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Die kleinen weissen oder gelblichen Blüten erscheinen im Frühling büschelweise in den Blattachseln . Aus den weiblichen Blüten entwickeln sich einsamige Steinfrüchte (die «Lorbeeren»), die zunächst grün, bei Reife purpurfarben oder blauschwarz sind.

Anbau. Lorbeer wird heute vor allem im Mittelmeergebiet angebaut, namentlich in der Türkei. Laut Küster (S. 138) erntet man in den Lorbeerhainen am Mittelmeer «normalerweise zweijährige Blätter, die anschliessend getrocknet werden müssen. Dabei muss man darauf achten, dass sie nicht braun werden.» Laut Katzer und Fansa (S. 152) schneidet man «junge Zweige ab, die dann langsam im Schatten getrocknet werden, manchmal auch zwischen Lagen von saugfähigem Papier, um ein Aufrollen der Blätter zu verhindern.»

Auf Santa Lemusa wächst an den Rändern Plaine d'Haris bei Askatas eine spezielle Lorbeer-Art, die «Loia» heisst und seit einigen Jahren auch systematisch gesammelt und kommerzialisiert wird (mehr dazu). 

Charakter und Verwendung

Als Gewürz werden vor allem die Blätter verwendet, die meistens getrocknet, seltener frisch auf den Markt kommen. Thomas Vierich und Thomas Vilgis («Aroma», Kapitel Lorbeer) schreiben, die getrockneten Blätter «schmecken besser als die frischen, nicht mehr ganz so bitter, da während des Trocknens vor allem der nichtflüchtige Zucker im Blatt verbleibt.» Und in vielen Kochbüchern liest man in der Zutatenliste «1 Lorbeerblatt, frisch oder getrocknet». Unserer Erfahrung nach verleihen die frischen Blätter den Speisen aber eine ganz andere Würze als die getrockneten. Frische Blätter geben den Gerichten eine säuerlich-frische, ein bisschen zitronige und bittere, grünlich blättrige, blumig bis eukalyptusartige Note, die etwas leicht Überkandideltes hat und ein wenig an die Luft in einem chinesischen Tempel denken lässt. Getrocknet geben die Blätter den Speisen ein gesetzteres Aroma ab, das auf diskretere Weise frisch ist, zugleich warm, süss und blumig mit Anklängen von Muskat, Gewürznelken, verbrannten Kräutern, Eukalyptus und Kampfer.

Frische Blätter sollten Laut Gernot Katzer und Jonas Fansa («Picantissimo», S. 153), «wenn man die fruchtige Komponente des Aromas schätzt, erst zum Ende der Garzeit zugegeben werden. Länger mitgegarte Lorbeerblätter entfalten eher eine herbe Komponente.» Diese herbe Note kann aber zum Beispiel in einem Risotto durchaus interessant sein – und die Blätter bewahren auch nach 20 Minuten in der Hitze noch eine wilde Frische. Vor allem in französischen Küchen röstet man die Lorbeerblätter vor Verwendung oft kurz trocken an, wodurch sich ihr Aroma besser entfalten kann – laut Vierich und Vilgis platzen dabei die Pflanzenzellen auf und geben die ätherische Öle schneller frei.

Getrocknete Blätter sind mehrere Jahre lang haltbar, werden oft mit entsprechenden Ablaufdaten verkauft und stehen im Ruf, «to keep indefinitely», wie zum Beispiel Marcella Hazan («The Essentials of Classic Italian Cooking», Kapitel Alloro) schreibt. Doch wir teilen die Erfahrung von Gernot Katzer und Jonas Fansa (S. 153), dass «getrocknete Lorbeerblätter relativ rasch verbraucht werden sollten. Überlagerte Ware verliert schnell sämtliches Aroma. Zurück bleiben bestenfalls die bitteren Geschmacksanteile.»

Lorbeerblätter geben ihr Aroma langsam ab, weshalb man sie meist zu Beginn der Kochzeit an die Speisen geben kann. Lorbeer gehört in das Bouquet garni der französischen Küche und harmoniert gut mit Rosmarin, Thymian, Oregano oder Salbei – dazu Vierich und Vilgis: «Den Zusammenhalt der einzelnen Kräuter mit ihren individuellen charakteristischen Aromen gewährleistet ein Überlappen der leicht terpentinartigen und kampferigen Noten. Aus der Mittelmeerküche ist Lorbeer wegen dieser Harmonie kaum wegzudenken.» In Italien gehört Lorbeer in Tomatensaucen und Ragouts, zu Braten und Bohnen. Zum Dessert werden gerne Birnen mit Lorbeer und Zucker in Rot- oder Weisswein gekocht. Vierich und Vilgis empfehlen ausserdem: «Pfirsich oder Honigmelone, gekocht mit frischem, also leicht bitterem Lorbeer, sind aussergewöhnliche Köstlichkeiten. […] Wie bei säuerlichen Gerichten unterstützt die Fruchtsäure hier die Präsenz der Lorbeeraromen, sodass eine bitter-süss-säuerliche Geschmackskombination entsteht.» In Deutschland werden Sauerkraut und Pickles, Wildgerichte und Grillmarinaden mit Lorbeer gewürzt, manchmal auch Kartoffelgerichte. Nebst den Blättern des Lorbeers werden auch die getrockneten Früchte, die eigentlichen «Lorbeeren» verwendet. 

Lorbeer aus Santa Lemusa: «Loia d'Askatas»

An den Rändern der Plaine d'Haris, einer Feuchtwiese bei Askatas, wächst eine eigene Lorbeer-Art, die als speziell aromatisch gilt. In getrockneter Form hat Loia einen gleichermassen frisch-eukalyptusartigen und süss-blumigen Duft. «Loia d'Askatas» wird von HOIO exklusiv nach Europa importiert.

Lorbeer kann bis zu 15 m hoch wachsen – der Baum im Botanischen Garten von Zürich ist etwa 7 m lang. (Februar 2016)
Im Winter erscheinen in den Blattachseln kleine Knospen. (Februar 2016)
Im Frühling treibt der Lorbeer gelblich-weisse Blüten aus. (Botanischen Garten von Brüglingen bei Basel, April 2009)
Nicht alles, was wie Lorbeer aussieht, gehört auch tatsächlich zur noblen Familie: dieser Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) gehört zum Clan der Rosaceae (Rosengewächse). Seine Früchte sollen in der Türkei als Trockenfrüchte oder Konfitüre verzehrt werden, die Samen aber sind hochgiftig.
Auch der Berglorbeer (Kalmia latifolia) hat nichts mit dem Gewürz-Lorbeer zu tun – er gehört zur Familie der Ericaceae, ist durchwegs giftig und wird vor allem als Zierpflanze gezogen. (April 2009)
Lorbeer taucht wegen seiner vielen symbolischen Bedeutungen auch in der Kunst immer wieder auf. Giuseppe Penone hat 2003 gar die Wände eines ganzen Raumes mit Lorbeer hinter Drahtgittern ausgekleidet: «Respirare l’ombra» heisst die Installation und ist Teil der Sammlung des Castello di Rivoli bei Turin. (April 2016)

Rezepte mit Lorbeer

In zahlreichen Rezepten, die wir auf diesen Seiten vorstellen, spielt Lorbeer eine mehr oder weniger zentrale Rolle – wir listen hier nur eine kleine Auswahl auf.

First Publication: 10-2-2016

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