D | E  

Neuste Beiträge

HOIO und Cookuk

  • Das Tagebuch von Raum Nummer 8 (Susanne Vögeli und Jules Rifke)
  • HOIO-Rezepte in der Kochschule – das andere Tagebuch

Etwas ältere Beiträge

Grosse Projekte

Mundstücke

Gewürze aus Santa Lemusa

Abkürzungen

Zimt wird aus der Rinde eines Baumes gewonnen, der bis 20 m hoch wachsen kann und dessen Stamm einen Durchmesser von 20 bis 30 cm hat. Dieses Bäumchen streckt sich im Periyar-Nationalpark im südindischen Bundesstaat Kerala. (Dezember 2012)

Zimt

Und das weiss das Lexikon

Geschichte.* Zimt ist schwierig zu gewinnen – und dennoch eines der ältesten Gewürze der Welt mit einer wechselvollen Geschichte. Zimt kann aus verschiedenen Gewächsen der Pflanzengattung Cinnamomum gewonnen werden. Namentlich aus dem Echten Zimtbaum (Cinnamomum verum), der ursprünglich wohl aus Sri Lanka stammt sowie aus der Kassia oder dem Chinesischen Zimtbaum (Cinnamomum aromaticum), der seine Heimat in Indochina oder Südchina hat. In der Antike soll, zumindest im Mittelmeerraum, nur Kassie bekannt gewesen sein. Ceylonesischer Zimt wird erstmals im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts vom arabischen Schriftsteller Kazwini erwähnt, 1293 dann auch von Jean de Mont-Corvin. Bis zum 16. Jahrhundert aber taucht ceylonesischer Zimt im europäischen Handel kaum auf. Das ändert sich als die Portugiesen Ceylon (Sri Lanka) unter ihre Kontrolle bringen. Sie sind die ersten, die Zimt in Europa verbreiten. 1636 werden die Portugiesen von den Holländern aus Ceylon vertrieben: Die Holländer beginnen den Zimt, der vorher nur wild wuchs und gesammelt werden musste, systematisch anzubauen und versuchen den Handel mit diesem Gewürz zu kontrollieren – zum Beispiel indem sie Überschüsse in Holland verbrennen, um die Preise hoch zu halten. Zimt ist in Europa zu jener Zeit sehr beliebt, teuer und wegen der holländischen Massnahmen auch ziemlich rar. Kein Wunder also, dass die Kolonialisten der Neuen Welt in dieses Geschäft einsteigen wollen und den Zimt im tropischen Amerika zu akklimatisieren versuchen.

Was den Portugiesen in Brasilien leicht gelingt, braucht in der Karibik etwas mehr Zeit. Père Labat widmet in seiner Reisebeschreibung von 1722 («Nouveau Voyage aux isles de l'Amérique») der von ihm so genannten «cannelle bâtarde» ein ganzes Kapitel. Bei der von ihm beschriebenen Zimtsorte handelt es sich wohl um Cannelle giroflée (Cinnamodendron corticosum), eine ursprünglich aus Amerika stammende Pflanze, die dem echten Zimt zwar gleicht, doch weder mit ihm verwandt ist noch eine vergleichbare Feinheit des Geschmackes hat. Schon Jean-Baptiste Du Tertre dürfte von diesem Gewürz gesprochen haben als er um 1670 in seiner «Histoire générale des Antilles habitées par les François» schrieb: «ihre Schale ist doppelt so dick wie die aller Zimtsorten, die man nach Frankreich bringt». Labat war überzeugt, dass sich diese «cannelle indigène d'Amérique» durch sorgfältige Selektion und spezielle Pflege des Baumes erheblich verfeinern liesse. Sollte dies nicht gelingen, so war er sicher, dass sich auch ceylonesischer Zimt in der Karibik mit Erfolg würde kultivieren lassen: «[dans le cas où l'on] ne pourrait pas rendre nos cannelliers naturels aussi bons que ceux de Ceylan [...] on pourrait cultiver de ceux du Brésil, ou de ceux des Indes orientales, que nos vaisseaux nous apporteraient, et même des meilleurs de Ceylan, malgré toute la vigilance qui les garde». [Mit dieser «vigilance», die nach Ansicht von Père Labat über die ceylonesischen Zimtbäume wacht, meint der Pater wohl die Holländer mit ihrem Zimt-Monopol.] Die kühnen Zimt-Träume des Dominikaner-Paters sollten indes nicht in Erfüllung gehen: Noch 1839 verzeichnet Guillaumin auf den französischen Inseln jedenfalls nur Cannelle giroflé. Trotzdem muss auch der ceylonesische Zimt spätestens damals bereits da und dort in der Karibik heimisch gewesen sein. Heute wird Zimt in der Dominikanischen Republik, auf Barbados und Jamaika sogar in grösserem Stile angebaut.

Auf Santa Lemusa gibt es – sieht man vom Zimtgarten Oscars I. ab – zwar bis heute keine eigentlichen Kulturen, doch wächst Cinnamomum verum am Rande eines manchen Gartens und kommt in Küstennähe auch wild vor. Die Kannèl d'Oscar, der Zimt aus dem historischen Garten des Königs, gilt als ein Produkt von besonderer Qualität.

Die geheimnisvolle Wärme des Zimtgewürzes hat Geschichtenerzähler aus aller Welt immer wieder beschäftigt. So wird etwa in den Märchen aus 1001 Nacht berichtet, Zimt wachse auf dem Grunde eines geheimnisvollen Sees. In einem anderen Märchen heisst es, dass Zimt nur von den Zimtvögeln zu bekommen sei. Diese horten das Gewürz in den Kronen besonders hoher Bäume – und wer an die kostbaren Stangen gelangen will, der muss erst mit Pfeil und Bogen die Nester der Vögel herunter holen.

Pflanze.** Die Zimtbäume gehören zur Familie der Lauraceae (Lorbeergegewächse). Zimt (engl. cinnamon; franz. cannelle; span. canela) kan bis 20 m hoch wachsen und sein Stamm einen Durchmesser von 20 bis 30 cm erreichen. Die Rinde ist dick und runzlig. Die immergrünen, glänzenden Blätter sind rund 10 cm lang und 4 cm breit mit stark hervortretenden Adern. Die Blüten sind kleiner als 1 cm, weiss und stehen in Trauben, Rispen oder Scheindolden. Aus den Blüten entwickeln sich blauschwarze, längliche, 1 cm lange, einsamige Beeren.

Zimt gedeiht in tropischem Meeresklima und braucht sandigen Boden. Es gibt etwa 270 Arten von Zimtbäumen – aus mindestens fünf Arten wird auch Gewürz gewonnen.

Ceylonesischer Zimt. Unter allen Zimtsorten gilt nur die ceylonesische Spezies (Cinnamomum verum) als eigentlicher Zimt. Das Zimt-Gewürz wird nicht vom Stamm des Zimtbaumes gewonnen, sondern von ein- bis zweijährigen, gut fingerdicken Zweigen. Zunächst wird die gesamte Rinde abgeschabt, dann wird die äussere, bitter schmeckende Korkschicht entfernt. Nur die hauchdünne Schicht darunter enthält die begehrten Inhaltsstoffe, das charakteristische Zimtaldehyd. Diese Rindenstücke werden ineinander geschoben und bilden so das, was wir Zimtstangen nennen. Minderwertige Teile werden zu Zimtpulver vermahlen, das oft nicht die gleiche Qualität hat wie die Zimtstangen. Laut Katzer und Fansa bestehen beim Ceylon-Zimt «besserer Qualität aus papierdünnen Rindenstucken, während die anderen Arten typischerweise 1-3 mm dicke Rinden liefern.»

Chinesischer Zimt oder Zimtkassie. Bei der Zimtkassie, die vor allem in China angebaut wird, werden die äusseren Korkschichten nur unvollständig oder gar nicht entfernt, weshalb das Gewürz nicht in Stangenform, sondern in groben Stücken auf den Markt gelangt. Laut Thomas Vierich und Thomas Vilgis («Aroma», Kapitel Zimt) unterscheidet sich der Chinesische Zimt von dem echten Ceylon-Zimt chemisch vor allem durch seinen weit höheren Gehalt an Cumarin: «Dieser sekundäre Pflanzenstoff ist für heuartige, herbe Aromen verantwortlich und kommt auch im Waldmeister und in der Tonkabohne vor. In grösseren Mengen führt er zu Übelkeit und Erbrechen, weshalb der Genuss von Cassia-Zimt nicht übertrieben werden sollte. Die unbedenkliche Tagesdosis von Cumarin wurde 2006 auf 0,1 mg/kg Körpergewicht festgelegt.» Die Zimtkassie zählt allerdings auch zu den 50 wichtigsten Gewürzen der Chinesischen Medizin. Bei der Kassie ist das süss-warme Aroma etwas weniger strahlend als beim Ceylon-Zimt. Im Gegenzug kommt eine erdige, baumige, herbe Note dazu – weshalb sie besonders gut zu Fleischgerichten passt.

Weitere Zimtarten. Auch der Padang-Zimtbaum (Cinnamomum burmanii) und der Vietnamesische Zimt (Cinnamomum laureirii) werden als Gewürz angebaut. Sie kommen wie die Zimtkassie in dickeren Stücken auf den Markt.

Im internationalen Handel wird die Qualität von Zimt mit einer eigenen Wertmass-Einheit bestimmt, der Ekelle. Die beste Qualität erhält fünf Nullen – je weniger Nullen, desto geringer die Qualität.

Zimtblüten. Bei den sogenannten Zimtblüten oder Kassiaknospen handelt es sich offenbar meist um die unreifen, kurz nach der Blüte geernteten Früchte des Zimtkassia-Baumes. Diese Knospen sehen ein wenig aus wie sehr grosse Gewürznelken oder wie sehr kleine Eicheln: ein runzliger, graubrauner Kelch, in dem in der Regel der harte, rotbraune Samen steckt. Die Knospen haben ein weniger starkes Aroma als die Rinde. Ihr Geruch ist süsslich und moschusartig, manchmal scharf und manchmal mild. Am besten entfaltet sich der Duft wenn die Früchte fein gemahlen werden. Kassiaknospen spielen vor allem in der Küche Chinas und in Indien und Sri Lanka eine gewisse Rolle – wobei sie zumindest in Indien nur relativ schwer zu finden sind.

* Wir beziehen uns im Abschnitt zur Geschichte vor allem auf die Darstellung in «Guadeloupe. Produits du terroir et recettes traditionelles», S. 35ff.

** Im Abschnitt zur Pflanze beziehen uns vor allem auf Hansjörg Küster «Kulturgeschichte der Gewürze», S. 288ff. und auf Gernot Katzer und Jonas Fansa «Picantissimo», S. 304ff.

Charakter und Verwendung

Zimt hat einen zugleich süsslichen wie auch bitteren, einen scharfen und auf unvergleichliche Weise warmen Geschmack. Das Gewürz ist äusserst vielseitig einsetzbar, es wird in ganzen Stangen oder in Pulverform verwendet. Während das Gewürz in Europa hauptsächlich für Süsses, für Gebäck oder Glühwein zum Einsatz kommt, brauchen es die Köche in Asien vor allem auch für Fleisch- oder Fischspeisen, für Reisgerichte und Saucen. Auch auf Santa Lemusa wird Zimt eher für salzige Speisen verwendet (mehr dazu im Kapitel zur Kannèl d'Oscar).

Schon Hippokrates hat (um 500 v. Chr.) die medizinische Bedeutung von Zimt hervorgehoben. Zimtrindenöl wirkt stark antiseptisch, es fördert die Durchblutung, regt Herz und Kreislauf an, durchwärmt den ganzen Körper. Das aus der Rinde hergestellte Zimtöl kann aber auch die Haut reizen, weshalb sich für Massagen und Bäder eher das mildere Zimtblätteröl mit seiner entspannenden und entkrampfenden Wirkung eignet. Zimtblätteröl wird auch gegen Magen-Darm-Beschwerden oder Verspannungen der Muskulatur eingesetzt. Zimt wird auch in der Parfümerie- und Seifenproduktion verwendet, ist Bestandteil von Likören und Magenbitter sowie Ingredienz von magenstärkenden und die Verdauung anregenden Arzneien. In der Nahrungsmittel-Industrie wird hauptsächlich das aus der Rinde hergestellte Zimtöl eingesetzt, namentlich in vielen colaähnlichen Getränken, Limonaden, Kaugummis und Bonbons.

Zimt aus Santa Lemusa: «Kannèl d'Oscar»

Im Parc des Brumes, einem grossen Park im Süden der Hauptstadt Port-Louis, liess König Oscar I. um 1820 einen Zimt-Garten anlegen, der bis heute besteht. Das Gewürz, das von den Ästen dieser Bäume gewonnen wird, gilt als besonders warm und lebendig. «Kannèl d'Oscar» wird von HOIO exklusiv nach Europa importiert.

Zimtkassie aus Santa Lemusa: «Bois des Brumes»

Der Anbau von Zimtkassie im Parc des Brumes in Port-Louis geht vermutlich auf den königlichen Gärtner Lǐ Tài Bái zurück. Die Rindenstücke, die von mehrjährigen Ästen der Kassien-Bäume geschält werden, würzen besonders gut Suppen und Fleischgerichte. «Bois des Brumes» wird von HOIO exklusiv nach Europa importiert. 

Die immergrünen, glänzenden Blätter des Zimtbaums sind rund 10 cm lang und 4 cm breit mit stark hervortretenden Adern. (Tropenhaus der Universität Basel, Februar 2004)
Die Blüten sind kleiner als 1 cm, weiss und stehen in Trauben, Rispen oder Scheindolden. (Botanischer Garten von Genf, April 2008)
Der Zimtbaum hat eine dicke und runzlige Rinde – dieses Exemplar wächst in einem Gewürzgarten auf der Insel Penang in der Strasse von Malakka. (März 2011)
Das Zimt-Gewürz wird allerdings nicht vom Stamm gewonnen, sondern von ein- bis zweijährigen, gut Fingerdicken Zweigen. (Botanischer Garten von Amsterdam, März 2006)
Beim Trocknen rollen sich die Zimtrinden von alleine auf und werden sorgfältig ineinander geschoben, was zum Schluss die sogenannte Zimtstange ergibt.
Die Kassia hat ein ganz anderes Aroma-Profil als der Zimt aus Ceylon – ein Bäumchen im Botanischen Garten Dresden. (Oktober 2010)
Der Chinesische Zimt (Zimtkassie) kann als ein eigenständiges Gewürz angesehen werden und eignet sich mit seinen etwas herberen Noten besonders gut für das Aromatisieren von Fleischspeisen und Suppen.
Diese Art des Zimtbaums (Cinnamomum innere) wächst auf der Insel Palau Ubin bei Singapur und heisst auf Malay (?) Kayu Manis Hutan. (November 2016)
Zimtblüten oder Kassiaknospen bei «Maruti», einem Gewürzgrossisten an der Samuel Street in Mumbai. (November 2010)

Rezepte mit Zimt und Zimtkassie

  • Panais royal (Im Ofen gebackene Pastinaken mit einer Sauce aus Lammhackfleisch, Zimt und Muskatblüte, dazu Joghurt)
  • Anò Monisha (Lammfleisch mit Aprikosen und Zimt)
  • Beri (Reiseintopfmit Lammfleisch)
  • Maille-Masala – die scharfe Gewürzmischung zu den Abenteuern des lemusischen Agenten Hektor Maille («Mission Kaki»)
  • Kanelbullar (Hefeschnecken mit Zimt und Kardamom)

First Publication: 3-2003

Modifications: 8-2-2009, 7-10-2011, 6-3-2016