Geschichte. Der Rosenkohl gilt als eine der jüngsten Spielarten des Kohls. Er ist laut Marianna Serena et al. («Lexikon der alten Gemüsesorten», Kapitel Rosenkohl) erstmals in Brüssel um 1785 als «Choux de Bruxelles» belegt. Serena schliesst jedoch nicht aus, «dass die Kultur von Rosenkohl bedeutend älter ist und zumindest sehr ähnliche Typen bereits im 13. und 14. Jahrhundert kultiviert worden sind. Die Marktordnung der Stadt Brüssel erwähnt bereits 1231 eine Brüsseler Lokalform von Kohl unter dem heute noch in Belgien fur Rosenkohl gebräuchlichen Namen «Spryten».» Unbekannt ist, ob Rosenkohl als spontane Mutation entstand oder das Ergebnis gezielter Züchtung ist. Udelgard Körber-Grohne («Nutzpflanzen in Deutschland», S. 184) vermutet, der Rosenkohl könnte aus einer Kreuzung zwischen einem hochstämmigen Sprossenkohl mit einem Kopfkohl hervorgegangen sein: «Sieht man sich Ende Oktober eine Rosenkohlpflanze an, so fallen zwei Kennzeichen auf: die Hochstämmigkeit und die Kopfbildung der gipfelständigen Blätter. Es ist zwar nur ein lockerer Kopf, aber alle Blätter, auch die tiefer stehenden, zeigen löffelförmige Einkrümmung. Das ist nur bei Kopfkohl der Fall, nie bei einer der anderen Formen, die krause oder glatte Blätter haben können, doch keine löffelförmigen.»
Von Belgien aus gelangte der Rosenkohl laut Serena um 1810 nach Frankreich und um 1850 weiter nach England und Nordamerika. Die Hauptanbaugebiete in Europa sind heute die Niederlande, Belgien, Frankreich und Grossbritannien, ausserdem spielt er in den USA und in Japan eine wichtige Rolle.
Pflanze. Rosenkohl (Brassica oleracea var. gemmifera, engl. Brussels sprout; franz. chou de Bruxelles; span. coles de Bruselas, repollos de Bruselas; ital. cavolini, cavoletti di Bruxelles) heisst auf Deutsch auch Brüsseler Kohl oder Sprossenkohl und ist eine zweijährige, winterharte Pflanze aus der Familie der Brassicaceae (Kreuzblütler). Die Pflanze bildet im ersten Jahr einen 50 bis 150 cm langen Strunk, der durchgehend mit langstieligen Blättern besetzt ist. In den Achseln der Blätter bilden sich kugelige Knospen, die aus vielen, dicht übereinander liegenden Blättern bestehen und wie Miniatur-Kohlköpfchen aussehen. Laut Serena richten sich die oberen Blätter bei Frost nach unten, «um die noch im Wachstum befindlichen Röschen vor Frost zu schützen». Im Frühling des zweiten Jahres treiben die Röschen zu Sprossen aus, die im Sommer gelbe Blütenstände bilden und von Insekten bestäubt werden. Aus den Blüten entwickeln sich Schotenfrüchte mit runden Samen.
Die meisten Sorten sind hellgrün bis sattgrün – es gibt jedoch auch bläuliche oder violette Sorten. Vilmorin-Andrieux («Les Plantes potagères», Kapitel Chou de Bruxelles) beschreibt, was den Rosenkohl von allen anderen Kohlsorten unterscheidet. «Il y a quelque chose d'assez étrange, au point de vue physiologique, dans le fait de ce chou dont la rosette principale de feuilles ne pomme pas, tandis que les pousses secondaires pomment régulièrement et très complètement. C'est précisément l'opposé de ce qui se passe ordinairement dans les autres choux et dans les laitues, où les feuilles de la tête principale se coifTent étroitement, tandis que celles des rejets restent espacées sur les axes qui les portent. Quoi qu'il en soit, nous devons à cette anomalie un excellent légume.»
Roh schmeckt der Rosenkohl ein wenig nach Baumnuss und auf eine fruchtige Art nach Kohl, er ist je nach Grösser der Knospen und Art gar nicht bis ganz leicht bitter. Der rötliche Rosenkohl scheint oft etwas süsser und hat manchmal ein leicht blumiges Aroma. Gekocht tritt das Kohlaroma etwas stärker in den Vordergrund – und wenn man die kleinen Rosetten richtig lange kocht, dann werden sie gräulich und riechen geradezu penetrant nach Kohl.
In der Regel wird Rosenkohl vom Stängel gelöst in Rosetten verkauft. Vor Verwendung schneidet man den Strunkansatz weg und löst die äussersten Blätter ab, die meist etwas braun angelaufen oder leicht schwarz verfärbt sind.
Die meisten Kochbücher raten, ohne Angabe von Gründen allerdings, vom Rohverzehr von Rosenkohl ab. Wir schneiden trotzdem gelegentlich ein oder zwei Röschen in feine Scheiben und geben sie zum Beispiel einem Salat bei oder dekorieren ein Carpaccio damit. Rosenkohl kann gedünstet oder gekocht werden, wobei man ihn auf keinen Fall zu lange im Wasser lassen darf – ungefähr 10 Minuten, je nach Grösse der Knospen. Manche Rezeptbücher empfehlen, den Rosenkohl vor Verwendung kurz zu blanchieren (die Zeiten variieren zwischen 5 und 10 Minuten). Oft liest man auch, der Strunk solle kreuzförmig eingeschnitten werden – um so ein regelmässiges Garen zu ermöglichen.
First Publication: 20-1-2015
Modifications: