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Obwohl meist unsichtbar, wirkt Kombu in vielen Gerichten der japanischen Küche: der getrocknete Kelp ist auch in Europa leicht aufzutreiben. (August 2007)

Kombu

Und das weiss das Lexikon

Kombu, sogenannter Zuckerriementang ist ein essbarer Kelp – ein grosser, brauner Seetang, der in Wäldern unter Wasser wächst und in den Küchen Nordostasiens, vor allem Japans eine zentrale Rolle spielt. Die Verwendung von Riementang als Lebensmittel hat in Hokkaido ihren Ursprung, war aber Richard Hosking («Dictionary of Japanese Food», Appendix 4) zufolge spätestens in der Muromachi-Zeit (1333–1573) in ganz Japan verbreitet und setzte sich endgültig in der Edo- oder Tokugawa-Zeit (1600–1868) durch, als Hokkaido von den Japanern kolonisiert wurde. Unter dem Namen Kombu (respektive Konbu) werden mehr als zehn Arten von Riementang kulinarisch verwendet, wobei Saccharina japonica (Synonym: Laminaria japonica) die mit Abstand bedeutendste Art darstellt.

Produktion. Kombu wächst vor allem in den kalten Gewässern rund um Hokkaido, Japans nördlichster Insel – teilweise auch im Norden der Hauptinsel Honshu. Laut Hosking stirbt die Alge ab, wenn das Wasser länger als ein paar Monate eine Temperatur von mehr als 20º erreicht. Der meiste Kombu, der heute auf die Märkte gelangt, stammt aus Kultur. Kombu wächst auf felsigem Grund in Tiefen von zwei bis dreissig Metern. Für den Anbau von Kombu werden ausgekeimte Sporen um Seile und Netze gewickelt, die dann an Bojen im Wasser treiben oder in geschützten Buchten befestigt werden. Es gibt jedoch offenbar verschiedene Anbaumethoden. Die mehrjährige Pflanze treibt nicht vom Ansatz her neu aus, sondern von der Blattspitze – und es sind die Blätter des zweiten oder dritten Jahres, die bevorzugt geerntet werden, weil sie sich, so Hosking, als Nahrungsmittel besonders gut eignen. Mit speziellen, eher flachen Booten fahren die Kombu-Bauern zu ihren Feldern in Küstennähe hinaus, wo sie die Algen ernten – meist von Hand mit Hilfe langer Stangen, an deren Spitzen Haken oder Gabeln befestigt sind. Die Ernte erfolgt zwischen Juli und September. An Land wird der Kombu auf speziellen Steinfeldern in der Sonne getrocknet, wobei die meisten Bauern heute auch Häuschen mit Heissluft-Ventilatoren haben, in denen der Prozess zum Abschluss gebracht wird. Einmal getrocknet wird der Kombu gefaltet und in Bündeln zu Markte gebracht.

Ausführliche Informationen zum Thema Algen finden sich auf der Website von Algaebase (www.algaebase.org), die in ihrer Datenbank mehr als hunderttausend Arten verzeichnet.

Charakter und Verwendung

Kombu wird in ganz verschiedenen Formen angeboten. In manchen Geschäften in Japan sieht man mehr als meterlange Blätter, meist aber bekommt man den Kelp in annähernd quadratischen Stücken mit einer Kantenlänge von 10 bis 20 cm, verpackt in einer Plastiktüte. Man sieht auch Pakete mit kleineren Stücken, gefaltete und verknoteten Blätter oder Flocken. Auf Hokkaido zumindest bekommt man auch frischen Kombu, der indes nur wenig Aroma hat. In Japan unterscheidet man verschiedene Qualitäten und Typen von Kombu mit leicht unterschiedlichen aromatischen Eigenschaften.

Sorten und ihre Eigenschaften. In ihrem phantastischen Buch «Washoku» (Kapitel Sea Vegetables) stellt Elizabeth Andoh vier Sorten von Kombu vor, die sie für besonders wichtig hält – wir beziehen uns hier auf ihre Darstellung.
Hidaka Kombu ist ein günstiger Kelp für alle Anwendungen. Er hat einen niedrigeren Glutamat-Gehalt als andere Sorten, wirkt aber geschmacksverstärkend und gibt Brühen und Saucen den Charakter einer milden Sole. Hidaka Kombu wird oft auch einfach als Dashi Kombu verkauft. Die Pakete enthalten in der Regel etwa handbreite und rund 10 cm lange Stücke. Ein solches Blatt reicht aus, 5 bis 10 dl Brühe zu aromatisieren. Hidaka ist eine Stadt im Südwesten von Hokkaido.
Ma Kombu ist besonders reich an Glutamat. Sein Aroma lässt sich am besten extrahieren wenn man den Kombu erst wenigstens zwanzig Minuten (besser mehrere Stunden) in kaltem Wasser einweicht. Dann erwärmt man das Wasser sorgfältig bis es beinahe siedet. Aus Ma Kombu gewinnt man eine reiche Brühe mit einem tiefen Aroma, die indes milchig ist und sich deshalb nicht für klare Suppen eignet. Ma Kombu zeichnet sich durch seine breiten, grau-grünen Blätter aus und hat oft kalkig-weisse Streifen. Ma Kombu ist vor allem in der Kansai-Region (Osaka and Kyoto) beliebt, wo daraus Brühen gemacht werden, in denen dann Fisch und Gemüse simmern.
Rausu Kombu ist ein dicker und robuster Kelp mit einem hohen Glutamatgehalt. Es ist der Lieblings-Kombu vieler Vegetarier weil sich aus ihm Brühen mit einem stark fleischigen Aroma herstellen lassen. Rausu ist eine grössere Gemeinde im Süden des Nationalparks Shiretoko ganz im Osten von Hokkaido.
Rishiri Kombu ist ein robuster und sehr dunkler Kelp, aus dem sich eine kristallklare Brühe gewinnen lässt, die ein delikates, krautiges Aroma hat. Für klare Suppen ist dieser Kombu die beste Wahl. Auch aus Rishiri Kombu holt man das Aroma am besten heraus, wenn man die Alge erst einige Zeit in kaltem Wasser einlegt. Im Kühlschrank kann man den Kelp einige Tage lang in Wasser ziehen lassen – dann erwärmt man es über niedrigster Hitze möglichst langsam, bis die ersten Blasen am Rand des Topfes aufsteigen. Rishiri und Rebun sind zwei Inseln ganz im Norden von Hokkaido, auf denen viel Kombu produziert wird.

Jodgehalt. Ernährungstechnisch fällt Kombu vor allem durch seinen ausserordentlich hohen Jodgehalt auf, der auch weit über dem anderer Algen liegt. Pro 100 g getrocknete Algen hat Kombu einen Jodgehalt von 100 bis 500 mg (zum Vergleich: 100 g Arame enthalten 60-80 mg, 100 g Wakame 10-20 mg und 100g Nori gar nur 5-8 mg). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt den täglichen Jodbedarf mit 0.2 mg an (100 g jodiertes Speisesalz enthält 15-25 mg Jod). Die weisse Schicht, die sich gelegentlich auf getrockneten Kombu-Blättern findet, ist praktisch reines, natürliches Glutamat – und ein Zeichen der guten Qualität der Alge.

Dashi-Brühe. Wird der getrocknete Kombu in Wasser eingeweicht, verwandelt sich das trockene, lederartige Blatt in ein dickes, glitschiges Gemüse mit einem starken Meeresaroma. In der japanischen Küche ist Kombu auch dank seines hohen Gehalts an geschmacksverstärkender Glutaminsäure eine Hauptzutat der Dashi-Brühe. Richard Hosking («Dictionary of Japanese Food», Appendix 4) zufolge wurde Kombu vor allem wegen des buddhistischen Verzichts auf Fleisch zu einer zentralen Zutat für Brühen: «Thus, from early times Kyoto, the center of Buddhist vegetarianism, and its neighboring port Osaka became the main centers of kombu distribution and use. Kyoto cooking still places great emphasis on the use of kombu in many different ways.»

Weitere Verwendungen. Auch dem Kochwasser von Sushi-Reis wird oft ein Stück Kombu beigegeben. Gelegentlich wird Kombu mit Bohnen zu einem Gemüse verkocht und soll die Hülsenfrüchte leichter verdaulich machen. Die Japaner brühen aus Kombu auch einen eher salzigen Tee, der Kombucha heisst (mit dem gleichnamigen, im Westen weit verbreiteten Modegetränk hat dieser Tee allerdings nichts gemein – das Süssgetränk enthält auch gar kein Kombu). Man kann auch ein kleines Stück Kombu einfach so in den Mund nehmen – es gibt einen natürlichen Kaugummi ab, einen Jod-Kaugummi sozusagen.

Handhabung. Kombu sollte vor Verwendung auf keinen Fall abgespült werden, sitzt das Aroma doch hauptsächlich auf der Oberfläche des Blattes. Uneins sind sich die verschiedenen Experten in der Frage, ob man Kombu bei der Herstellung von Dashi-Brühe eine kurze Zeit im kochenden Wasser lassen kann – oder die Alge vorher entfernen muss (teilweise hängt diese Entscheidung wohl auch von der Sorte ab). «The kombu should be left in the boiling water only for a short time, ten minutes or twelve at the most», schreibt Hosking – derweilen wir bei Sarah Marx Feldner («A cook’s journey to Japan», Kapitel The Basics) lesen: «Hitomi taught me how to avoid bitter Dashi, a common pitfall among novice Dashi makers: First, don’t let the water in which the konbu kelp is steeping come to a boil; and, secondly, when straining the finished stock, don’t squeeze any of the excess liquid from the bonito flakes.»

Zwei Boote von Kombu-Farmern in der Nähe von Rausu im Osten Hokkaidos – mit den langen Gabeln werden die Algen geerntet. (Juli 2014)
In einem Hafen bei Aidomari wird ein besonders mächtiger Kelp aus dem Boot gezerrt.
Kombu-Farmer bei Rausu trennen die Blätter der Alge vom Strunk.
Es scheint als würde alles an der Kombu-Pflanze eine Verwendung finden.
Ein Kombu-Farmer zwischen Rausu und Aidomari versenkt Bündel von geernteten Algen im Wasser.
Vielleicht um sie frisch zu halten bis die Trockenplätze frei sind.
Am Hafen von Shiretoko auf der Insel Rebun im äussersten Nordwesten von Hokkaido liegt Kombu zum Trocknen aus. (Juli 2014)
An windigen Tagen wird der Kelp mit Netzen oder Tauen beschwert, damit er nicht davon fliegt: Trockenplatz am Hafen von Hamanaka auf Rebun.
Die Trockenplätze werden peinlich sauber gehalten und von jedem Kraut befreit, das zwischen den Steinen zu wachsen versucht.
Heute wird der Kelp auch in speziellen Häuschen mit Hilfe von Warmluft-Ventilatoren getrocknet – wie hier am Ufer von Aidomari südöstlich des Nationalparks Shiretoko im Osten von Hokkaido. (Juli 2014).
Einmal getrocknet wird der Kelp gefaltet und in Bündeln zu Markte gebracht: Kombu-Pakete warten in einem Hafen bei Rausu auf ihren Abtransport.
Der Name dieses Dorfes einige Kilometer nordöstlich von Rausu verrät, worum es hier geht: Konbuhama («Kombu-Strand»).
In einem kleinen Laden im Zentrum von Shiretoko auf Rebun packt ein älterer Herr Kombu für den Verkauf ab.
Kombu-Auswahl in einem Geschäft am Kap Sukoton auf Rebun: der Kelp von Rebun und der benachbarten Insel Rishiri ist in ganz Japan bekannt.
Gelegentlich bekommt man in Japan auch frischen Kombu – wie hier im Restaurant «Sushi Hanao» in Asahikawa. Das sieht schön aus - hat aber nicht viel Geschmack. (Juli 2014)
Das Aroma sitzt vor allem auf der Oberfläche des getrockneten Kombu-Blattes, weshalb man es vor Verwendung auf keinen Fall abwaschen sollte.
Vier Sorten Kombu (von links nach rechts): ein breites und robustes Stück Rausu-Kombu, ein kleineres Stück Rishiri-Kombu, vier gefaltete Stücke Hidaka-Kombu und Ma-Kombu. (Zürich, August 2014)

Rezepte mit Kombu

First Publication: 8-2007

Modifications: 5-3-2009, 5-10-2011, 2-8-2014