Suppe aus Schweinerippen mit Knoblauch, Sojasauce und einer pulverisierten Mischung aus Gewürzen, Rhizomen und Beeren – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 151219 Singapore Marina Bay
Zu den Klassikern der reichen Küche von Singapur gehört auch eine im Grunde ganz einfache Suppe aus Schweinerippen, Knoblauch und Gewürzen: 肉骨茶 Bak kut teh oder auf Mandarin Ròu gǔ chá, was wörtlich übersetzt etwa Fleisch-Knochen-Tee heisst. Mit Tee ist aber nicht die Brühe selbst gemeint – obwohl die, ohne viel Phantasie, durchaus als eine Art Tee angeschaut werden könnte. Der Tee kommt in dem Namen des Gerichts offenbar vor weil man traditionell eine Tasse Tee zu der Suppe trinkt – Oolong in der Regel.
In den Hawker-Hallen und Restaurants wird Bak kut teh manchmal mit Koriandergrün oder Frühlingszwiebeln bestreut und mit Sojasauce, Chiliringen und gehacktem Knoblauch serviert. Zur Suppe gibt es Reis, Nudeln, frittierte Teigstücke oder trockenes Weissbrot – manchmal wird Bak kut teh auch in Gestalt einer Nudelsuppe aufgetischt. Statt Schweinerippen – oder zusätzlich – können auch verschiedene Schweineinnereien, Pilze, Tofu oder Pak Choi in der Suppe schwimmen. Bak kut teh wird typischerweise zum Frühstück gegessen – manchmal auch als Lunch.
Teochew- und Hokkien-Stil. In Singapur unterscheidet man zwei Versionen und schreibt sie den zwei wichtigsten Dialektgruppen der Stadt zu, den Teochew und den Hokkien. Teochew ist eine alte Variante des Chinesischen, die im Osten der Region Guangdong und von den über weite Teile der Welt verstreuten Migranten aus dieser Gegend gesprochen wird – besonders zahlreich sind die Teochew in Singapur. Hokkien ist eine Variante des Chinesischen, die in der Provinz Fujian gesprochen wird und sich von dort aus über weite Teile Südostasiens verbreitet hat – in Singapore ist Hokkien neben Teochew der am meisten gesprochene Dialekt. Bak kut teh im Teochew-Stil hat eine hellere Farbe und enthält vor allem sehr viel Pfeffer und Knoblauch. Bak kut teh im Hokkien-Stil hingegen ist dunkler und wird mit einer Vielzahl von Gewürzen und Rhizomen gekocht.
Geschichte. Viele Verehrer dieser Suppe in Singapur und die meisten in Malaysia sind der Ansicht, das Gericht sei in Klang erfunden worden, der ehemaligen Hauptstadt des malaysischen Staates Selangor. Der Singapurer Arzt und Food-Blogger Leslie Tay wollte es genauer wissen und fasst die Ergebnisse seiner Untersuchungen auf seinem Blog zusammen – die Geschichte ist nicht ganz unkompliziert: «Nach Ansicht der Malaysier wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Klang der erste Laden mit Bak kut teh eröffnet: ‹Seng Huat›. Der Name des Gründers war 李文地 Lee Wen Di. Zu Beginn hiess die Suppe aber nicht 肉骨茶 Rou gu cha, sondern 肉骨汤 Rou gu tang. Die Zubereitung von Lee Wen Di war indes so populär, dass man die Suppe nach ihm zu nennen begann: 肉骨地 Rou gu di, was im Hokkien-Dialekt Bak kut teh ausgesprochen wird.» Alles klar bis hierher?
Leslie Tay fährt fort: «Ich zweifle nicht daran, dass der Name Bak kut teh in Klang so entstanden ist. In Singapur indes haben wir Beweise dafür, dass Bak kut teh schon vor dem Zweiten Weltkrieg in der Gegend rund um den Clarke Quay serviert wurde. Ich habe mit Kenry Peh gesprochen, dem Chef der Pek Sin Choon Tea Merchants, dessen Grossvater die Firma vor dem Krieg gründete. Er erzählte mir, dass sein 大伯 Tua peh, sein ältester Onkel väterlicherseits, der 86jährige Mister Pek Bok Kim, sich immer noch daran erinnere wie er mit seinem Grossvater Pek Kim Au schon vor dem Zweiten Weltkrieg Bak kut teh gegessen habe. Er erinnere sich sogar daran, dass man die Suppe damals mit einem Topf Tee serviert habe.» q.e.d. – Bak kut teh ist eine Singapurer Erfindung.
Doch wer hat sie in Singapur erfunden – auch das weiss Leslie Tay zum Glück genau: «Die pfefferige Version von Bak kut teh wurden von den Teochew erfunden. Die Schweine-Knochen-Suppe insgesamt aber hat ihre Ursprünge in der Küche der Hokkien – denn bei den Teochew heisst Fleisch nicht Bak, sondern Nek. Der Name legt also einen Ursprung in der Kultur der Hokkien nahe. Gong Fu Tee hingegen ist typisch für die Teochew, die in China als die grössten Tee-Trinker gelten. Wir haben es also hier mit einem typischen Singapur-Gericht zu tun – insofern es aus der Fusion der zwei wichtigsten chinesischen Dialekt-Gruppen der Stadt entstanden ist.»
Würzmischung. Das Gelingen von Bak kut teh hängt wesentlich von der Gewürzmischung ab, die man verwendet. In Singapur verkauft jeder Gewürz- resp. Heilmittelladen verschiedene Versionen davon. Ausserdem gibt es auch einzelne, auf Bak kut teh spezialisierte Garküchen, die den Kunden ihre eigene Mischung zum Kauf anbieten – so zum Beispiel das «Das Ng Ah Sio Bak Kut Teh Eating House» von der Rangoon Road, das eine Niederlassung in der grossen Foodhall der «Marina Bay Sands» Shoppingmall betreibt. Die Mischungen für Bak kut teh im Teochew-Stil bestehen zur Hauptsache aus Pfeffer und oft viel Monosodium-Glutamat – die Mischungen für den Hokkien-Stil enthalten zusätzlich diverse Gewürze, Rhizome und Beeren. Wir stellen hier ein Rezept für Bak kut teh im Hokkien-Stil vor. Als Würzmischung verwenden wir die Ròu gǔ chá Mixtur aus dem Restaurant «Fāmíng yuán» in Port-Louis. Wir haben auch verschiedene Bak kut teh Pulver ausprobiert, die wir in Singapur haben kaufen können. Sie waren alle nicht schlecht. Wir haben uns trotzdem für das Mischung aus Santa Lemusa entschieden weil sie 1. kein Monosodiumglutamat enthält und wir 2. auch das Rezept wiedergeben können, was es jedermann möglich macht, die Mischung selbst herzustellen (so er ein gut sortiertes Asia-Geschäft in seiner Umgebung findet).
Wir geben hier nur eine Art Basis-Rezept wieder, das ohne viel Aufwand realisiert werden kann und bereits zu einer sehr feinen Suppe führt. Man kann die Brühe aber leicht noch kräftiger machen – Hinweise dazu im Anschluss an das Rezept. Das herrliche Aroma der Brühen, die man oft an den Bak kut teh Ständen in den Hawker-Centers von Singapur bekommt, rührt natürlich auch daher, dass diese Suppen oft fortlaufend gekocht werden und sich so von Tag zu Tag, ja vielleicht gar von Woche zu Woche weiterentwickeln und intensivieren. Das kann man in der heimischen Küche kaum imitieren – es sei denn man friere immer einen Teil der Suppe ein, um ihn bei der nächsten Auflage von Bak kut teh zu dem neuen Sud zu geben.
Kochzeit 80 bis 90 Minuten
500 g Schälrippen vom Schwein (oder Brustspitze wenn man es fleischiger mag)
10 Zehen Knoblauch
5 gestrichene TL Ròu gǔ chá Gewürzmischung
2 bis 3 EL Sojasauce
Salz zum Abschmecken
Wesentlich kräftiger wird die Brühe, wenn man Schweineknochen oder Füsse im Sud auskocht. Da die Knochen oder Füsse aber etwa zwei bis drei Stunden brauchen, um sich an die Brühe zu ergeben, muss man ihnen entweder einen entsprechenden Vorsprung verschaffen – oder die Herstellung der Suppe in zwei separate Arbeitsschritte aufteilen: Auskochen der Knochen und Kochen der Schweinerippen-Suppe. Man könnte natürlich auch mit zusätzlichen Würzmitteln auffahren (Ingwer, Zwiebeln, Kräuter etc.), doch das würde den Charakter der Suppe stark verändern.
First Publication: 16-1-2016
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