Die Zubereitung eines ganzen Schweinskopfes ist im Grunde ziemlich einfach – vorausgesetzt, seine Grösse übersteigt nicht die Möglichkeiten einer Küche. Wir haben unseren ersten Schweinskopf bei einem Metzer in Basel bestellt – und uns dabei einfach nur einen «kleinen Schweinskopf» gewünscht. Das Paket, das uns der Verkäufer dann mit einem leicht spöttischen Lächeln über den Boden der Metzgerei zuschob, war annähernd zehn Kilogramm schwer – und der Kopf so gross, dass sich die Schnauze beim Braten in der oberen Heizröhre des Ofens verkeilte und abgeschnitten werden musste, was die Erscheinung des fertigen Gerichts doch deutlich beeinträchtigte.
Unser erster Versuch, einen Schweinskopf zu kochen, war – wie im Mundstück oben beschrieben – ein kulinarisches Desaster. Der fertig gebackene Kopf sah vor allem ganz fürchterlich aus – was namentlich damit zu tun hatte, dass sich die Prozesse im Ofen wegen der Grösse des Stücks nicht richtig steuern liessen. Der fertige Kopf hatte eine knackige Schwarte, die sich teilweise essen liess. Darunter verbargen sich Massen von Fett und einige zarte, saftige und aromatische Stücke faserigen Fleisches – es sass vor allem im Bereich der vorderen Backe, unter den Augen und im hinteren Kieferbereich. Die hintere Backe war sehr fett, darin eingebettet lagen aber einige der besten Fleischstücke des ganzen Kopfes, stark durchzogen.
Nach dem Essen haben wir die verbleibenden Fleischreste vom Schädel gelöst – und später separat verwendet, als Bereicherung für eine Suppe und (mit Tomaten und sauer eingelegten Zwiebeln) als Teil einer gehaltvollen Pastasauce. Die Zunge haben wir vor dem Braten des Kopfes herausgeschnitten, separat in etwas Wurzelbrühe gekocht, abgezogen und dann in feinen Scheiben kalt mit etwas Rotweinessig und Zwiebeln zum Apéro serviert. Eine spezielle Behandlung haben auch die Ohren erfahren. Im Ofen wurden sie so trocken und knusprig, dass man sie kaum essen konnte. Wir haben sie am Tag danach in kleine Scheiben geschnitten und dann in etwas Wasser, Sojasauce und Reiswein rehydriert. Dadurch wurden sie so zart und weich, dass wir sie als Teil eines chinesisch inspirierten Salates mit Chingkiang-Essig und Sesamöl servieren konnten.
Detail aus Karl Russ: «Die Tannhäuser-Legende», 1825, Öl auf Leinwand, aufgenommen in der Wiener Albertina. (Dezember 2015)
Der Kopf eines Schweins kann je nach Alter des Schlachttiers zwischen 1 und 15 kg oder sogar mehr wiegen. Der Kopf des Schweins sollte vor Verwendung von allen Borsten befreit, gut gewaschen und wenigstens vier, besser 24 Stunden oder mehr in Salzlage eingelegt werden. Bei unserem ersten, fast zehn Kilo schweren Schweinskopf haben wir uns, da wir über kein Becken von der nötigen Grösse verfügten, mit einem Müllsack beholfen – die ganze Operation fand in der Dusche statt. Danach haben wir den Kopf ausgiebig mit heissem Wasser abgespült und trocken getupft.
Der Metzger warnte uns davor, dass das Tier von früheren Verletzungen noch eine Eiter-Knolle in der Backe tragen könne. Also lösten wir die Backe, wie von ihm empfohlen, von hinten her halb vom Schädel ab und schnitten sie einige Male ein, um eine solche Knolle gegebenenfalls zu entfernen. Vielleicht meinte der Metzger aber auch den weiter vorne, unter den Augen liegenden Teil der Backe – diesen Bereich hätten wir indes nur von aussen durch die Schwarte herauslösen können – und das Gesicht der Tiers also zerstört.
Die Bratzeit im Ofen beträgt bei einem Exemplar von 10 kg ungefähr 4 Stunden (1½ Stunden bei 220º und 2½ Stunden bei 180º). Von den ersten Verfärbungen an sollte man das Stück regelmässig mit Marinade und ausgelaufenem Fett besprenkeln und bepinseln. Zu Beginn läuft sehr viel Fett aus dem Kopf, das man teilweise abschütten muss – läuft es doch sonst über den Rand des Blechs.
Man sollte sich vom Metzger keinen allzu grossen Schweinskopf aufschwatzen lassen – überfordert ein solches Teil doch die Gerätschaften in einer privaten Küche. Das führt dazu, dass man die Prozesse (zum Beispiel im Ofen) nur noch ungenau steuern kann. An kleineren Köpfen sitzt in der Regel auch weniger Fett. So desaströs unsere erste Schweinskopf-Erfahrung war, so befriedigend war die zweite – die Verwandlung eines 1.7 kg schweren Spanferkel-Kopfes in eine 1.3 kg schwere Terrine wird hier beschrieben.