Geschichte. Vermutlich waren es Gärtner in Kleinasien, die den ersten Blumenkohl aus Blattkohl gezüchtet haben. Die ältesten bekannten Anbaugebiete sind laut Eva Troníčová («Gemüse», S. 46) Ägypten, Kreta und Zypern: «Von der kleinasiatischen Herkunft zeugen seine [des Blumenkohls] Benennungen Karnazit oder Conopida, die an das Türkische erinnern». Von dort aus soll sich der Blumenkohl im 16. Jahrhundert über Italien in das übrige Europa verbreitet haben. Brigitte Bartha-Pichler («Haferwurzel und Feuerbohne», S. 77) allerdings meint, die Genuesen hätten den Blumenkohl schon um 1490 nach Italien gebracht. Und das «Appetit-Lexikon» weiss: «Frühestens um 1490 brachten die Venezianer ihn nach Italien, und frühestens um 1550 begann dort der Anbau der Pflanze, wozu Venedig und Genua noch bis ins 17. Jahrhunden hinein den Samen von Zypern und Candia bezogen.» Alan Davidson («Oxford Companion to Food», Kapitel «Cauliflower») hingegen meint: «The origin of the cauliflower and its relatives is obscure. It is thought that they were first grown in the Near East, but no one is sure when. The belief of Cypriots that the cauliflower originated in Cyprus derives tenuous support from the old French name for it, chou de Chypre (Cyprus cabbage).» Und im Garten des «Alimentariums» von Vevey haben wir ein Schild gesehen, auf dem Stand: «Des recherches genetiques ont montre que le chou-fleur a probablement evolue a partir du brocoli. Pendant longtemps, les deux legumes ont souvent ete confondus. Dans certains catalogues de graines actuels, les choux-fleurs sont d'ailleurs parfois appeles brocolis blancs.»
Als älteste Abbildung wird oft ein Holzschnitt genannt, der sich in der von Joachim Camerarius bearbeiteten Ausgabe von Pietro Andrea Mattiolis «Kreutterbuch» von 1590 findet (S. 140). Noch älter scheint indes eine Abbildung in dem 1554 erstmals gedruckten «Cruydt-boeck» des flämischen Botanikers und Arztes Rembertus Dodonaeus resp. Dodoens (1516/17-1585) zu sein. Beide Bilder zeigen eine relativ kleine Blume in einem stattlichen Blätterrock – was laut Bartha-Pichler typisch sein soll für alte Sorten. Das «Appetit-Lexikon» indes weiss von einem Monster-Blumenkohl, der 1637 in Ulm geerntet wurde: «1½ Ellen [ca. 75 cm] Umfang und 8½ Pfund Schwere».
Heute wird Blumenkohl weltweit angebaut und ist vor allem auch in Europa sehr beliebt. Eine ganz besondere Anbaugegend ist das Marais audomarois, eine Region im Pas-de-Calais, rund um St-Omer, etwa 50 km von der Küste entfernt. Hier legten Mönche im 9. Jahrhundert ein System von Wasserkanälen an und machten die wilde Sumpflandschaft so landwirtschaftlich nutzbar. Heute werden nur noch etwas mehr als zehn Prozent dieser urbar gemachten Landschaft für den Anbau genutzt (440 Hektar). Ganz besonders stolz sind die Bauern hier auf ihren Blumenkohl, der auf dem fruchtbaren Boden zu besonders stattlicher Grösse heranwächst und als «Perle du nord» bezeichnet wird. Der deutsch-französische Fernsehsender «Arte» hat die Gegend und ihre Blumenkohlkultur 2010 in seiner Reihe «Zu Tisch in…» vorgestellt.
Namen. Der Blumenkohl hat viele Namen. Neben dem vom italienischen Cavolfiore abgezweigten Karfiol kennt man ihn auch unter Bezeichnungen wie Käsekohl, Blütenkohl oder Traubenkohl. Der schöne Name Minarettkohl wird meist nur für die bei Rom gezüchtete Variante Romanesco gebraucht. Sergiusz Michalski verdanken wir den Hinweis auf eine «reizvolle polnische Verballhornung: kalafior».
Pflanze. Blumenkohl (Brassica oleracea var. botyrtis; engl. cauliflower; franz. chou-fleur; span. coliflor; ital. cavolfiore; hind. gobi) ist eine einjährige Kohlsorte, von der man den fleischig verdickten, noch nicht voll entwickelte Blütenstand erntet. Diese geschlossene weisse Rosette besteht aus kurzen, dicht zusammengedrängten Knospen mit nicht entfalteter Blüte, die Stängel sind stark verdickt. In diesem (Embryonal-)Zustand verharrt die Pflanze nur wenige Tage. Verpasst man es, den Kohl zum richtigen Zeitpunkt zu ernten, wächst die Rosette auseinander, die Triebe verlängern sich, die Knospen werden grösser, verfärben sich grün und entfalten sich schliesslich als gelbe Blüten.
Die schneeweisse Farbe des Blumenkohls wird beim Anbau durch einen einfachen Trick bewahrt: Ab einem bestimmten Zeitpunkt werden die grossen Hüllblätter entweder über dem Kopf zusammengebunden oder eingeknickt – so kann sich aufgrund des Lichtmangels kein Chlorophyll bilden. Bei neueren Züchtungen wachsen die Hüllblätter automatisch so, dass sie den Kopf vor der Sonne schützen. Vor allem in Italien und Frankreich werden auch grüne, rote, orange oder violette Formen gezüchtet. Es gibt sehr viele Sorten, die neueren sind meist so beschaffen, dass die Hüllblätter von alleine über den Kohlkopf wachsen und ihn vor der Sonne schützen – ein sich selbst domestizierendes Gemüse sozusagen. Eine besondere Variante des Blumenkohls ist der Romanesco, der so heisst weil er offenbar in der Nähe von Rom gezüchtet wurde.
Roh hat Blumenkohl eine hellen holzigen Duft und ein leicht pelziges bis nussiges Aroma mit einer ganz leichten, etwas harzigen Schärfe. Gedünstet entwickelt er einen zurückhaltenden Kohlgeschmack mit Moschusnote. Vor Verwendung muss man die Hüllblätter und ein Stück vom Fuss des Kohlkopfes wegschneiden. Blumenkohl kann roh, gedünstet, gebraten, geschmort oder auch gratiniert werden. Er passt gut zum kräftigen Flavour von heftigem Käse, von Walnüssen oder Mandeln, von Gewürzen wie Knoblauch, Muskat, Chili, Kreuzkümmel etc. Süsse Essigsorten passen ihm so gut wie saure, Traubenkernöl und sogar Trüffel stehen ihm ebenso fein.
First Publication: 25-6-2014
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