Kartoffelsuppe mit Pastinaken, Karotten, Pilzen, Kümmel und Majoran – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 131122 Vienna Oberes Belvedere
Wann die Kartoffel in Österreich eingeführt wurde, lässt sich genau nicht sagen. Sicher war sie 1621 bekannt, denn Kaspar Plautz (alias Honorius Philoponus), Abt des niederösterreichischen Stifts Seitenstetten, erwähnt sie in seiner in Linz gedruckten «Nova typis transacta navigatio». Die illustrierte Schrift handelt von den missionarischen Anstrengungen des Benediktinermönchs Bernardo Buil, der Christoph Columbus auf seiner zweiten Reise nach Hispaniola begleitete – Plautz stellt Pflanzen und Tiere der Karibik vor, interessiert sich aber auch für die Gebräuche der Ureinwohner, insbesondere für den Kannibalismus. Eine der schönen Illustrationen zeigt Kolumbus, wie er von den Ureinwohnern mit einem Leguan bewirtet wird – eine andere schildert ein «Fest der Kannibalen» und spart nicht mit akkuraten Details: Europäer werden von Indianern mit Federschmuck gejagt, fachmännisch geschlachtet, gegrillt und in Stücken verzehrt. Bei der Schlachtung wird das Blut aufgefangen, zu Würsten verarbeitet, getrunken oder auch einer Katzenköpfigen Gottheit in den Rachen geschüttet.
In derselben Publikation findet sich auch eine schematische Darstellung der Kartoffelpflanze – und Plautz gibt sogar ein Rezept preis, wie man aus dem exotischen Gewächs eine feinen Salat herstellen kann: «Salatam ex his sic conficies. Sume has Bacaras sive Papas mundas und mallefactas in rotulas scinde, adde oleum, acetum, piper, sal, vel saccarum: et gusta.» Die Universität Salzburg, die ein Exemplar des Buches besitzt und auf ihrer Webseite vorstellt, übersetzt das Rezept wie folgt: «Einen Salat aus diesen kannst du folgendermassen zubereiten: Nimm die Knollen und schneide sie, wenn sie gesäubert und weich gekocht sind, in Scheiben. Gib Öl, Essig, Pfeffer, Salz oder Zucker dazu und koste.»
Generell nimmt man an, dass sich die Kartoffel in Österreich auf breiter Basis wohl erst nach 1800 durchsetzte – als Folge der Nahrungsmittelknappheit während der Napoleonischen Kriege. Wahrscheinlich dürfte sie von Anfang nicht nur als Salat, sondern auch als Suppe zubereitet worden sein.
Die 1926 in dritter Auflage erschienene «Wiener Küche – 197 neue erprobte Rezepte für jeden Haushalt» (herausgegeben von Kunerolwerke AG, Wien-Atzgersdorf) gibt folgendes Rezept für Kartoffelsuppe wieder: «3 grosse Kartoffeln werden geschält, in Würfel geschnitten und mit gehackter Selleriewurzel und Kümmel in 1 Liter Salzwasser weichgekocht. Von 1 Esslöffel Thea [eine damals populäre Margarine aus Wien-Atzgersdorf] mit 2 Esslöffeln Mehl wird eine Einbrenn gemacht, die man mit der Suppe aufgiesst; nun wird alles passiert, aufgekocht und als Einlage werden klein geschnittene, geschälte Krenwürstchen gegeben.»
Unser Rezept weicht von dieser Kochanleitung ein wenig ab. Wir haben es von Kurt Kladler bekommen – einem kulinarisch überaus beschlagenen Freund, in dessen Wohnung beim Wiener Naschmarkt wir uns an einem kalten November-Abend erstmals mit dieser kräftigen Suppe wärmen konnten. Ausser Kartoffeln kommen in unserem Rezept auch Karotten, Pastinaken, Pilze, Zwiebeln und etwas Knoblauch in die Brühe, was die Grundstruktur der Suppe reichhaltiger macht. Neben dem für die Wiener Küche fast unverzichtbaren Kümmel geben wir auch etwas Pfeffer und Majoran bei. Der Majoran tritt gewissermassen als aromatischer Gegenspieler des sonst sehr dominanten Kümmels auf – gleichzeitig ergänzen sich die zwei Gewürze auch. Man hat also so etwas wie ein streitendes, und dabei gut eingespieltes Paar im Mund. Wir schmecken die Suppe nur mit sehr wenig Sahne ab, manchmal verzichten wir auch ganz darauf – oder geben nur im Teller ein paar Tropfen obendrauf. Der ausgelassene Speck und die leicht kross gebratenen Pilzköpfe sind eine knusprige Einlage. Der Schnittlauch sieht vor allem hübsch aus, man kann ihn auch weglassen. Aromatisch interessanter ist es, die Suppe mit frischem Majoran zu bestreuen.
Kartoffeln, Pastinaken, Karotten und Pilze werden teilweise für die Suppe püriert, teilweise auch als Einlage separat gedünstet respektive gebraten (die Pilze).
Kochzeit 40 Minuten
2 EL Butter
1 Zwiebel (ca. 100 g) fein gehackt
400 g Kartoffeln, geschält, davon 330 g in groben Würfeln (für die Suppe), 70 g in kleinen Stücken mit einer Kantenlänge von 0.5 cm (für die Einlage)
100 g Pastinaken, geschält, davon 70 g in groben Würfeln (für die Suppe), 30 g in kleinen Stücken mit einer Kantenlänge von 0.5 cm (für die Einlage)
100 g Karotten, geschält, davon 70 g in groben Würfeln (für die Suppe), 30 g in kleinen Stücken mit einer Kantenlänge von 0.5 cm (für die Einlage)
220 g Steinpilze (oder Kräuterseitlinge), geputzt, Stiele und Köpfe voneinander getrennt, in kleinere Stücke zerlegt
1 EL Mehl
1 dl Weisswein
1¼ L nicht zu salzige Rinderbrühe für die Suppe
3 Zehen Knoblauch, zerdrückt
1 TL Kümmel, im Mörser leicht zerdrückt
1 EL frischer Majoran
2 TL schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen
¼ L nicht zu salzige Rinderbrühe für das Dünsten der Einlage
50 g Speck, fein gewürfelt
Salz zum Abschmecken
1 dl Sahne
1 EL Schnittlauch, in Rädchen (optional)
Frischer Majoran zum Bestreuen der Suppe (optional)
First Publication: 30-11-2013
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