Scharfsauere Hühnerteile
Auf der Karte von so manchem Restaurant auf Santa Lemusa wird das nachfolgende Gericht als Poulet Soleil («Sonnenhühnchen») aufgeführt. Wer fragt, warum die Speise denn so genannt werde, erhält recht unterschiedliche Antworten. Manche etwa behaupten, dass Hühner eben die Sonne lieben würden, dass man vom Verspeisen des Gerichts in eine sonnige Stimmung versetzt werde etc. Oft heisst es auch, dass das Hühnchen so schmecke als sei es in der prallen Sonne gebacken worden. Da ist etwas dran, hat das Poulet Soleil doch einen Duft, der an von der Sonne verbrannte Erde erinnern kann. Im Mund ist das Hühnchen scharf, ein wenig säuerlich und erdig-warm mit einem komplexen Röstgeschmack, der lange vorhält – auch in der Luft der Küche.
Es gibt sogar ein Restaurant in Gwosgout, das sich auf die Zubereitung des Poulet Soleil spezialisiert hat. Das Lokal nennt sich auch «Soleil des deux montagnes» und auf seiner Aussenseite prangen entsprechende Wandmalereien, die einen Sonnenaufgang (oder Untergang) hinter zwei gleichförmigen Bergspitzen zeigen. Ein Motiv, das dem Hungrigen allerdings ein zusätzliches Rätsel mit auf die Gabel häuft. Vergleichbare Zwillingsberge sucht man auf Santa Lemusa jedenfalls vergeblich. Rätselhaft ist auch, was die zwei Berge mit dem sonnigen Huhn verbinden soll. Es gab schon Leute, die behauptet haben, das Motiv sei eigentlich das Symbol einer geheimen Sekte oder einer verbotenen Partei. Raymond «Bonbon» Bonaire, der Inhaber des «Soleil des deux montagnes», ein in die Jahre gekommener Hippie mit grauem Zopf und wässrigem Blick, hat einige Jahre in Podicherry und Mamallapouram an der indischen Ostküste gelebt – vielleicht hat das Motiv ja dort seine Ursprung. Er selbst kichert bloss, wenn man ihn darauf anspricht und meint «un petit mystère sur le mur ne peut faire du mal». Sicher hat er recht – etwas weniger Mystik auf der Mauer und dafür etwas mehr Sorgfalt in der Küche wären allerdings auch nicht schlecht.
Bei diesem Rezept sollte das Fleisch wenigstens 5 Stunden lang in der Marinade ziehen.
600-700 g Hühnerteile mit Knochen (am einfachsten Ober- und Unterschenkel)
1 TL Schwarze Senfsamen (Lopop)
1 TL Kreuzkümmel
1 grüne Chili, entkernt, in feine Ringe geschnitten
1 rote Chili, entkernt, in feinen Ringen
1 TL Kurkuma in Pulverform
12 frische Curryblätter, zerzupft
2 EL Weisswein-Essig
2 EL Rapsöl
2 dl Hühnerbrühe
1 bis 2 Zwiebeln, in feinen Schnitzen
4 Zehen Knoblauch, in Streifen
Man kann zu dem Poulet Soleil auch ein Joghurt servieren, in das man etwas frisch gehacktes Koriandergrün einrührt.
First Publication: 12-2006
Modifications: 28-2-2009, 14-10-2011