Bezirk: Centre Sud (Vorwahl: 05) – Karte
Einwohner: 17'871 (Mai 2011)
Kurzbeschreibung: Die grösste Stadt im Süden der Insel ist der Mittelpunkt der indischen Gemeinden auf Santa Lemusa, ein lebendiger Marktplatz und das Zentrum des Reisanbaus.
Spezialitäten: Beri, Pwa Bebel
Auf Santa Lemusa wird die Sklaverei bereits 1794 definitiv abgeschafft. Manche der ehemaligen Sklaven sind zwar weiterhin auf den Plantagen tätig, trotzdem fehlt es überall an Arbeitskräften. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lassen sich deshalb zahlreiche Inder aus den englischen und französischen Kolonien auf Santa Lemusa nieder. Diese Arbeiter stammen vorrangig aus dem armen Süden des indischen Subkontinents – aus Cochin, Madras oder Pondicherry. Ihre Anstellungsbedingungen auf Santa Lemusa sind oft sehr schlecht – merklich besser aber immerhin als die all jener Coolies, die sich einige Jahre später auf den französischen und britischen Inseln der Karibik engagieren.
Auf Santa Lemusa lassen sich die Inder hauptsächlich im Süden der Insel nieder, wo sie sich relativ autonom organisieren – auch heute noch finden sich dort diverse indische Gemeinden. Die Inder übernehmen auf der Insel zunächst all jene Arbeiten, die zuvor die Sklaven verrichtet haben: Sie sind auf den Plantagen tätig, als Diener, Hilfskräfte etc. Schon sehr bald jedoch beginnen sie eigene Unternehmungen zu gründen: Zunächst vor allem Geschäfte, in denen sie Waren für ihre Landsleute feilbieten. Bald aber ziehen ihre Aktivitäten weitere Kreise - und heute kontrollieren sie zum Beispiel den auf Santa Lemusa sehr wichtigen Reisanbau (vergleiche das Kapitel über Reis).
Obwohl die Inder auf Santa Lemusa auch heute noch gerne unter sich bleiben, haben sie sich in den letzten Jahren doch auch mehr und mehr mit anderen Teilen der Inselbevölkerung zu vermischen begonnen.
Mittelpunkt der indischen Gemeinden auf Santa Lemusa ist das Städtchen Sasselin – mit seinen knapp 18'000 Einwohnern die grösste Stadt im Süden der Insel. Wer durch das Zentrum von Sasselin spaziert, fühlt sich fast ein wenig wie in einer südindischen Kleinstadt: Da werden an jeder Ecke Waren feilgeboten, gibt es vom Wasserkrug über Nähmaschinen und Klimaanlagen bis zum Computer alles zu kaufen, was es für einen Haushalt braucht. Auf den Strassenkreuzungen bieten sich Handwerker mit ihrem Werkzeug als spezialisierte Tagelöhner an. In kleinen Restaurants kann man für ein paar wenige Francs Idlis, Dosas, Pulaos oder scharfe Currys jeglicher Couleur geniessen – und an einer Strasenecke werden Rotis in Serie produziert. Für den kleinen Hunger gibt es kunstvolle Fruchtteller, würzige Nüsschen, Joghurtgetränke, Kulfi, Lassi oder frisch gepressten Saft aus Zuckerrohr.
Zwischen den Geschäften und Buden finden sich immer wieder Tempelchen und Schreine, die den verschiedensten Gottheiten gewidmet sind. Regelmässig werden hier auch kleine Rituale durchgeführt, werden Opfergaben dargebracht, Gebete gesprochen und Räucherstäbchen angezündet. - Die jüngeren Frauen gehen oft in Kurtas und Jeans, die älteren eher in Saris. Einige der Damen tragen den ganzen Tag lang einen schwarzen Schirm bei sich, mit dem sie sich vor Sonne und Regen schützen. Die Männer, manche im traditionellen Lunghi, rasen auf klapprigen Fahrrädern durch die Strassen und die Kühe sind hier ebenso heilig wie in Bombay, Madras oder Hyderabad. Nebst Französisch und Kreolisch hört man in den Strassen von Sasselin auch Englisch und die verschiedensten indischen Sprachen und Dialekte (Hindi, Malayalam, Kannada, Tamil etc.) – Ganz besonders farbig geht es an Markttagen zu, wenn die Bauern und Bäuerinnen mit ihren Handwagen in die Stadt gefahren kommen, um Gemüse, Früchte oder Pickles feil zu bieten. Auch die Bewohner von Port-Louis fahren zum Einkauf gerne nach Sasselin, finden sich hier doch auch diverse Schmuck- oder Stoffgeschäfte und Boutiquen aller Art. «Was es in Sasselin nicht gibt», so sagt man auf der Insel, «wirst du auf dieser Welt für Geld nicht kriegen.»
First Publication: 2006
Modifications: 17-2-2009, 30-9-2011