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Logbuch der «PS Narina»

Tag 20

Luft- / Wassertemperatur: 24°C (16°C nachts) / 20°C

Windrichtung / Bft: Südwest / 2-3

Gebiet: MUSCI VALLIS (viele Fliegen in der Luft) – Seekarte der Reise

Kombüse: Riesengurami (1 kg) ausnehmen, filetieren, häuten, abspülen und trocken tupfen. 2 kleinere Zwiebeln grob gehackt, 6 Zehen Knoblauch gehackt, 3 Stängel Zitronengras gehackt, 4 frische grüne entkernte Chili, 6 Vogelaugenchili im Mixer zu einer Paste verarbeiten. 1 EL Öl in einer Pfanne erhitzen und die Paste darin anbraten bis sie richtig duftet. 2 EL helle Sojasauce, 2 EL Fischsauce, 200 g in feinere Streifen geschnittene Bambussprossen aus Salzlake und 4 dl Wasser beigeben, aufkochen, Hitze reduzieren, 30 Minuten köcheln lassen bis die Sauce eine dickliche Konsistenz angenommen hat. Mit Salz abschmecken, 40 Blätter süsses Thai-Basilikum und 40 g fein gehackte Frühlingszwiebel beigeben und nochmals kurz anziehen lassen. Fischfilets salzen, pfeffern und in etwas Öl je drei Minuten pro Seite goldbraun braten. Filets auf Sauce drapieren. (Weitere Rezepte vom Smut der «PS Narina»)

Beobachtungen

Sommerwetter. Am Himmel eine Wolke, die aussieht wie der Kopf von Pinocchio mit Heiligenschein. Daneben Moby Dick, aus dessen Rücken eine libanesische Zeder wächst – oder ist es eine Harpune mit Widerhaken, die verkehrt herum in seinem Fleisch fest steckt? Und da ein Hamburger, aus dem ein Zwiebelring hängt. Wie kann man über die Gestalt der Wolken schreiben? Über die Form von etwas, das sich in jedem Augenblick verändert? Das ist als wolle man die Form eines Gedankens fassen, der sich doch mit jedem Moment ein wenig verschiebt – selbst dann noch, wenn wir ihn in Wort und Schrift festgelegt haben, abgelichtet gewissermassen. Mit Wolken passiert alles, was auch mit Gedanken geschieht – sie treten plötzlich auf oder bilden sich allmählich, sie huschen vorbei oder bleiben zäh am Horizont hängen, sie verdichten sich oder lösen sich auf, verpuffen. Sie sind mal düster und dann wieder hell, rosig gar oder stahlblau, mal unscharf und dann wieder klar umrissen. Manchmal schiebt sich eine Wolke unter einer anderen durch, die scheinbar unverrückbar als Zeichnung im Himmel steht – es scheint als entfliehe Verspieltes dem Festgefahrenen, das dadurch umso statischer erscheint. Aber dann, wenn wir uns eine kurze Zeit nur vom Unverrückbaren abwenden, dann hat es beim nächsten Blick drauf doch eine völlig neue Gestalt – sei es, weil der Wind daran tätig war, sei es, weil in unserer Erinnerung etwas passiert ist.

Der Vergleich zwischen Wolken und Gedanken ist so naheliegend, dass er jedem Kapitän früher oder später in den Sinn kommen muss. Und sicher wurde er auf zahllosen Schiffen schon endlos durchdekliniert – wenn auch wahrscheinlich noch nie auf einem Papierboot.

Jetzt krabbelt auch Oskar als Wattewesen über den Horizont, verfolgt von einer Ameise mit Flügeln. Und Moby Dick badet nun in Pinocchios Heiligenschein.

Nächster Tag (21)

First Publication: 1-2-2013

Modifications: 9-4-2013, 11-11-2014