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Logbuch der «PS Narina»

Tag 7

Luft- / Wassertemperatur: 21°C (16°C nachts) / 15°C

Windrichtung / Bft: Südsüdost / 2-4

Gebiet: SAXA PECORIFORMA (geringer Salzgehalt) – Seekarte der Reise

Kombüse: Rotbarsch (800 g) ausnehmen, Kiemen herausbrechen, schuppen, abspülen und trocken tupfen. Innen und aussen leicht salzen und mit etwas Olivenöl einreiben. Scheiben von 1/2 Zitrone und 3 Thymianzweige in Bauchhöhle klemmen. Fisch auf grosses Stück Aluminiumfolie legen. 15 leicht angedrückte schwarze Oliven mit Stein, 8 zerquetschte Knoblauchzehen, 2 frische Peperoncini in feinen Scheiben, 3 Zweige Thymian um den Rotbarsch drapieren. Scheiben von 1/2 Zitronen auf den Fisch legen. Mit schwarzem Pfeffer bestreuen und mit etwas Olivenöl beträufeln. Folie gut schliessen und Fisch 20 Minuten im 200º heissen Backofen garen. Aus Ofen nehmen und 5 Minuten nachziehen lassen. (Weitere Rezepte vom Smut der «PS Narina»)

Beobachtungen

Heute habe ich einen weiteren Mitfahrer an Bord entdeckt: eine etwa 2 cm lange Wellhornschnecke mit einem olivbraunen Gehäuse, an dessen Ende in grotesker Weise ein Stück moosgrüne Alge baumelt – was so unbeabsichtigt wirkt, wie wenn jemandem ein Popel aus der Nase hängt. Die Peinlichkeit beschäftigt mich – schlicht weil ich von der Vorstellung nicht abrücken kann, das einzig Unbeabsichtigte im Leben der Natur sei der Mensch. Was impliziert, dass der Mensch nicht Teil der Natur ist – oder zumindest auf ganz besondere Weise zu ihr gehört. Es scheint mir völlig unnötig, diesen Gedanken weiterzuführen – vielleicht weil ich ein etwas improvisiertes Selbstverständnis weniger einengend finde als ein klar definiertes. Also konzentriere ich mich auf die Schnecke. In kleinen, ruckartigen Bewegungen schiebt sie sich über die Bordwand und grast dort die Algen ab, die sich seit unserer Ablegung angesammelt haben. Man sieht ihren Körper kaum, so eng sitzt ihr Haus auf dem feinen Algenteppich auf. Die Wellen rütteln heftig an ihrem Horn, doch ihr Körper scheint eine solche Saugkraft zu haben, dass sie sich davon nicht aus der Bahn werfen lässt. In Gedanken hebe ich die Schnecke aus dem Wasser und stelle sie neben Oskar vor mir auf. Da schaut mich Oskar so tief beleidigt an, dass ich die Konkurrenz sogleich wieder in Wasser entlasse.

Ich habe keine Ahnung, wann wir die Schnecke an Bord genommen haben – wobei sie ja nicht wirklich an Bord ist, sondern in einem Bereich zwischen dem Wasser und dem Schiff. Sie könnte sich fragen, ob sie eher zur Welt des Bootes gehört oder zur Welt des Wassers – aber das fragt sie sich wahrscheinlich nicht. Jetzt hat sie doch eine Welle zu heftig getroffen und die Schale umgestülpt. Nun hängt der Körper der Schnecke selbst wie ein Popel aus ihrem Haus. Das wird ihr Ende sein, das Ende einer Schnecke. Doch sie fasst sich und zieht sich ganz langsam wieder in ihr Haus zurück.

Nächster Tag (8)

First Publication: 30-11-2012

Modifications: 16-12-2012, 10-11-2014