Die Niere (ren) ist ein Organ des Harnsystems von Wirbeltieren. Jedes Lebewesen hat ein Paar davon. Sie liegen im Bauchraum, rechts und links der Wirbelsäule. Stoffe, die im Magen nicht verwertet werden können, gelangen über das Blut zu den Nieren. Die Nieren bereiten diese Stoffe wieder auf – und zwar mit Hilfe von Filtern, bestehend aus winzigen Blutgefässen. Alle Stoffe, die für den Körper nützlich sind, werden wieder ins Blut geleitet. Übrig bleiben Salze, Harnstoffe und Wasser, die als Urin ausgeschieden werden. So sorgen die Nieren dafür, dass im Körper die richtigen Mengen an Mineralien und Wasser vorhanden sind. Sie prüfen ausserdem den Sauerstoffgehalt im Blut – und können, wenn nötig, das Knochenmark veranlassen, mehr rote Blutkörperchen zu bilden. Die Funktion der Niere wird vom Gehirn gesteuert, das die Wassermenge im Blut überwacht. Ist zu wenig Wasser da, veranlasst das Hirn die Nieren dazu, weniger Urin zu produzieren – was vom Lebewesen als Durst registriert wird.
Die Nieren des Lamms (engl. mutton kidneys; franz. rognons d'agneau; span. riñónes de cordero; ital. rognoni di agnello) haben eine klassische Nierenform, ihre Grösse hängt vom Schlachtalter des Tieres ab, das in der Regel zwischen wenigen Wochen und etwa zehn bis zwölf Monaten variiert. Grössere Nieren stammen von Schafen, die wenigstens ein Jahr alt sind. Die Nieren, die in der Schweiz verkauft werden, wiegen durchschnittlich meist etwa 60 g. Die Nieren werden von einer dicken Schicht Fett beschützt, das eine ganz besondere, leicht spröde und nahezu kristalline Konsistenz hat. Dieses Fett wird in der Küche für Pasteten und Puddings verwendet. Die Nieren selbst werden meist ohne dieses Fett angeboten.
Wie die meisten Innereien müssen auch die Nieren möglichst frisch verzehrt werden. Darauf legen auch Robert Robert Habs und Leopold Rosner im «Appetit-Lexikon» (S. 462) wert wenn sie schreiben: «Auch der schwierigen und daher heute etwas vernachlässigten, weiland aber beim Gabelfrühstück gänzlich unerlässlichen geschwungenen Hammelnieren ist zu gedenken, eines feinen Bissens, den Salomo sicher noch nicht kannte, als er die Worte schrieb: ‹Alles hat seine Zeit› – denn diese Nieren haben durchaus keine Zeit, sie müssen im Laufschritt bereitet und im Flug gegessen werden.»
Die Nieren vom Lamm können gebraten, gegrillt oder in Ragouts aller Art inkorporiert werden – sie eignen sich natürlich auch als Teil von Pasteten etc. Wer den leichten Urinduft loswerden möchte, kann die Organe entweder sehr ausgiebig wässern oder eine Stunde in Milch einlegen. Da die Nieren relativ dick sind, schneidet man sie vor dem Braten meist der Länge nach in zwei Teile.
Fast alle Köche sind sich einig, dass die Nieren rosa gebraten werden müssen – und warnen davor, dass längere Garzeiten sie trocken und ledrig werden lassen. Wir haben das ausprobiert und eine Reihe von Nieren unterschiedlich lang gebraten. Alle Nieren waren frisch, durchschnittlich 60 g schwer und weder gewässert noch in Milch eingelegt. Wir haben sie der Länge nach halbiert und ohne Salz oder Würze in einer Pfanne mit Antihaftbeschichtung und etwas Bratbutter bei relativ hoher (aber nicht maximaler) Temperatur gebraten.
– Nach 1 Minute pro Seite sind die Nieren extrem zart und saftig, der Übergang zwischen den gekochten und den noch blutigen Zonen ist weich, das Fleisch hat eine Konsistenz wie Bries, das Aroma ist zurückhaltend.
– Nach 1 Minuten pro Seite und zusätzlich einer Ruhezeit von 4 Minuten in Alufolie sind die noch blutigen Zonen etwas fester, sonst ändert die Ruhezeit nicht viel.
– Nach 3 Minuten pro Seite sind die Nieren immer noch saftig, haben aber nun mehr Biss, die Übergänge zwischen den gekochten und den blutigen Zonen sind härter, die Konsistenz ähnelt eher Muskelfleisch, Röstaromen treten auf.
– Nach 6 Minuten pro Seite sind die Nieren deutlich fester, ohne zäh zu sein, Blut ist kaum noch zu sehen, trocken schmecken sie dennoch nicht.
– Nach 10 Minuten pro Seite sind die Nieren etwas trocken, aber weder hart noch ledrig, die Konsistenz erinnert an gegrilltes Fleisch, die Röstaromen sind ausgeprägt – ein Steak wäre nach einer solchen Behandlung völlig ruiniert, die Niere aber schmeckt immer noch durchaus akzeptabel.
First Publication: 9-4-2015
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