Schabziegerklee stammt ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum sowie aus dem Kaukasus und kommt in diesen Gebiet auch wild oder verwildert vor. Er wird heute vor allem in den Alpen und in Georgien verwendet – in sehr unterschiedlicher Form allerdings.
Schabziegerklee ist ein einjähriges Kraut, das wild bis 40 cm, in Kultur bis zu einem Meter hoch wächst und durch seine zahlreichen blauen und stark duftenden Blüten auffällt. Der Stängel wächst aufrecht, verzweigt sich nur wenig und trägt wechselständige, gestielte Blätter aus drei lanzettförmigen, gezähnten, bis 4 cm langen Fiederblättchen. Die hellblauen bis blassvioletten Schmetterlingsblüten erscheinen endständig in Köpfchen von etwa 2 cm Durchmesser. Aus ihnen entwickeln sich kurze, spitze Hülsen.
Gemahlenes Schabzigerkraut aus der Schweiz hat einen grasigen, an Liebstöckel und entfernt auch an Bockshornklee oder an Fleischbrühe und Sojasauce erinnernden Duft. Im Mund schmeckt es leicht bitter. Schabziegerkraut aus Georgien duftet lieblicher, erinnert stärker an Hühnerbrühe mit einer leichten, blumigen Note von Bochshornklee. Im Mund entwickelt es ein leicht holziges Aroma, das im Abgang auch deutlich an Walnüsse erinnert.
In den Alpenländern Mitteleuropas wird der Schabziegerklee mehrmals pro Jahr gemäht, getrocknet und zu einem grün leuchtenden Pulver vermahlen. In der Schweiz würzt dieses Pulver vor allem den gleichnamigen Schabzigerkäse, dem es ausserdem seine typische, blassgrüne Farbe verleiht. Im Südtirol soll man Schabzigerklee auch gewissen Brotsorten beigeben.
Eine ganz andere Verwendung findet Schabzigerklee in Georgien, wo man nur die Samen und Hülsen zu einem Gewürz zerreibt. Auf seiner reichen Gewürz-Seite schreibt Gernot Katzer (www.uni-graz.at/~katzer): «In Georgien verwendet man die getrockneten Samen des Schabziegerklees, die meist noch in ihren Hülsen eingeschlossen verkauft werden. Trotz seiner rein kaukasischen Verbreitung wird gemahlener Schabziegerklee – bekannt als Utskho suneli (უცხო სუნელი) ‹fremdes Gewürz›, da die Pflanze den meisten Georgiern unbekannt ist – in der ganzen Republik verwendet. Die gemahlenen Samen wirken geschmacksverstärkend und sind Bestandteil der meisten Gewürzmischungen für ragoutartige Speisen; sie kommen in der nationalen Kräutermischung Khmeli suneli (‹getrockene Kräuter›, ხმელი-სუნელი) vor und auch im Svanuri marili, einem Gewürzsalz aus der georgischen Gebirgsregion Svaneti.»
Ausserhalb Georgiens muss Schabziegerkraut für die Küche erst noch entdeckt werden.
In ersten Versuchen (26. September 2010) haben wir Schabziegerpulver aus der Schweiz mit etwas Quark und Salz zu einem frisch duftenden, grünlich schimmerneden Dip verarbeitet, den wir mit Gemüse-Streifen und Reiswaffeln zum Aperitif reichten.
Dann (28. September 2010) haben wir einen simplen Risottogekocht, dem wir unmittelbar nach dem Ablöschen mit Weisswein und Hühnerbrühe auch einen Teelöffel gemahlenes (Schweizer) Schabziegerkraut (auf 100 g Reis) beigegeben haben. Das Resultat war ungewöhnlich: ein grasig duftender Reis mit einem leicht säuerlichen Unterton, der gut zu einem blutigen Steak passte. Noch besser allerdings hätte zu dem Reis wohl eine gegrillte, mit etwas Zitronensaft besprenkelte Rindsleber gepasst – oder ein gebratener Fisch, vielleicht mit Mandeln?
Weiter haben wir einen Kürbis (einen Peek a Boo) von 800 g geschält und in Stücke geschnitten, mit einer Zwiebel in etwas Bouillon weichgekocht und von Beginn der Kochzeit an 2 knappe TL (Schweizer) Schabziegerpulver dazu gegeben (29. September 2010). Das Resultat war ein Gemüse mit einer aparten, hellen Schärfe, fast als hätte man Ingwer hineingetan. Wir konnten uns das Gericht auch güt püriert als Suppe vorstellen.
Ein weiterer Versuch galt einem Kartoffelgratin (1. Oktober 2010). Hierfür haben wir 500 g mürbe kochende Kartoffeln fein gestiftelt, mit 2 dl Milch, 3 gepressten Konoblauchzehen, 2 TL pulverisiertem (Schweizer) Schabzigerkraut, 2 TL Salz und 1 TL Pfeffer vermischt und bei mittlerer Hitze im Ofen gratiniert. Das Resultat war ein ungewöhnlich frisch wirkender Gratin mit einem markanten Duft. Zugleich haben wir etwas gemahlenes Schabziegerkraut in ein wenig Kräuterbutter eingearbeitet, was ihr einen leicht säuerlichen Ton und eine leuchtend grüne Farbe verlieh.
Am 4. Oktober 2010 haben wir, unterstützt von Elene Chechelasvili vom Goethe-Institut, auf den Desertiri Bazari(«Markt der Deserteure») beim Bahnhof von Tiflis in Sachen Utskho Suneli recherchiert. Alle Gewürzhändler hatten Utskho Suneli im Angebot – meist die ganzen, nussbraunen Samenkapseln von der Grösse eines Getreidekorns. Wir sprachen mit Gia (Georgi), der das Kraut für das Fremde Gewürz in seinem eigenen Garten anbaut, kurz vor der Reife mäht, leicht trocknen lässt, die kleinen Samenkapseln aus dem Kraut schüttelt und dann vollständig durchtrocknen lässt. Gia empfiehlt, das Gewürz ganz aufbewahren - und immer nur so viel davon zu mahlen, wie man in der nächsten Zeit zu verwenden gedenkt. Gia bestätigt, dass Utskho Suneli auch in Svanetisches Gewürzsalz gehört, einer leicht feuchten Mischung aus der gleichnamigen Bergregion im Kaukasus. Ausserdem ist es Teil von Adjika, einer roten Gewürzmischung mit Chili, die man mit Tomaten oder Paprika vermischt und so wie Ketchup verwenden kann, kalt oder warm.
Laut Gernot Katzer («Picantissimo», S.239) wird Schabzigerklee nur in Südtirol («Brotklee» aus dem Pulstertal) und in der Schweiz («Zigerklee» aus dem Kanton Glarus) in kleinem Umfang angebaut. Wobei die Gewürze je unterschiedlich getrocknet werden und sich ihr Aroma daher unterscheidet.
Ordnung: Fabales (Schmetterlingsblütenartige)
Familie: Fabaceae (Hülsenfrüchtler)
Unterfamilie: Faboideae (Schmetterlingsblütler)
Gattung: Trigonella
Art: Schabzigerklee
Wissenschaftlich: Trigonella caerulea (caeruleus = «blau»)
Deutsch: Blauklee, Ziegerkraut, Zigerklee, Käseklee
Französisch: trigonelle bleue, mélilot bleu, trèfle bleu
Englisch: blue fenugreek, blue-white clover, curd herb
Georgisch: უცხო სუნელი (utskho suneli, utsxo suneli)
First Publication: 27-9-2010
Modifications: 13-10-2011