D | E  

Neuste Beiträge

HOIO und Cookuk

  • Das Tagebuch von Raum Nummer 8 (Susanne Vögeli und Jules Rifke)
  • HOIO-Rezepte in der Kochschule – das andere Tagebuch

Etwas ältere Beiträge

Grosse Projekte

Mundstücke

Gewürze aus Santa Lemusa

Abkürzungen

Ein Stück Marrakech auf dem Teller: Die Zubereitung der Tangia braucht etwas Zeit, ist aber im Grunde sehr einfach. (Riederalp, März 2016)

Tangia

Haxen vom Lamm, geschmort mit Salzzitrone, Safran und Smen – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 160314 Marrakech Rue Sidi Isshak

Die Tangia ist wahrscheinlich die bekannteste Spezialität von Marrakech. Der Name bezeichnet – wie auch im Fall der Tagine – den speziellen Topf, in dem das Gericht zubereitet wird: eine Art Amphore mit zwei Henkeln. Dieser Topf wird mit Fleisch (meist Lamm), Gewürzen, gesalzenen Zitronen, fermentierter Butter und etwas Wasser gefüllt, dann mit dickem Papier abgedeckt und verschnürt. So kocht die Tangia mehrere Stunden lang. Traditionell soll man die Töpfe in die warme Asche gestellt haben, die beim Beheizen von Hammams anfällt.

Für das nachfolgende Rezept braucht es erstens einen Topf, der sehr gut schliesst und keine Feuchtigkeit entweichen lässt. Wir verwenden einen schweren Topf aus Gusseisen mit einem innen gerippten Deckel, an dem Dampf kondensiert und wieder in das Gargut zurück tropft – alternativ auch eine klassische Tajine-Form. Zweitens braucht es eine Hitzequelle, die man so genau einstellen kann, dass das Fleisch wirklich nur ganz sanft köchelt. Wir stellen den Topf in den Ofen.

In Marrakech wird Tagina mit Smen gekocht, einer fermentierten Butter mit einem leicht käsigen Geschmack. Smen ist bei uns nicht zu bekommen – wir imitieren das Aroma indem wir gewöhnlich Butter mit etwas Blauschimmelkäse kombinieren.

Beim Kochen riecht es erst kräftig nach Safran, später dominieren die Zitronen. Nach der langen Kochzeit fällt das Fleisch vom Knochen, es ist zart, feucht und vor allem vom Aroma der Zitrone durchdrungen. In der Sauce spielt der erdig-blumige Safran die erste Geige. Das Fleisch schmeckt schwer und ein wenig bitter, die Sauce eher süss und leicht fruchtig. Die Partien des Fleisches, die während dem Kochen aus der Sauce ragen, sind etwa eingetrocknet und schmecken fast wie vom Grill.

Kochzeit 3 Stunden

Zutaten (für 4 Personen)

4 Haxen (Stelzen) vom Lamm, ganz, ca. 1.4 bis 1.6 kg

10 Zehen Knoblauch (ca. 60 g), fein gehackt oder zerquetscht

120 g gesalzene (fermentierte) Zitrone, fein gehackt

1 knapper TL Salz

1 TL Kreuzkümmel, geröstet und im Mörser leicht zerkrümelt

1 g Safran-Fäden, kurz angeröstet und zerkrümelt

2 EL Smen (30 g, alternativ 1 EL Butter und 1 EL Roquefort oder ein anderer kräftiger Blauschimmelkäse)

Zubereitung

  1. Lammhaxen wenigstens eine Stunde vor Kochbeginn aus dem Kühlschrank nehmen.
  2. Knoblauch, Zitrone, Salz, Kreuzkümmel, Safran, Butter und Käse in einer Schüssel zu einer Sauce verrühren. Lammhaxen ausgiebig in der Sauce wenden. Fleisch in einen schweren Topf oder in eine Tagine-Form geben. Die in der Schüssel zurückgebliebenen Gewürze mit 4 dl Wasser auflösen und zum Fleisch geben. Deckel aufsetzen. Topf in dem auf 170° vorgeheizten Backofen 90 Minuten lang schmoren.
  3. Temperatur auf 160º reduzieren und nochmals 90 Minuten garen.

Man kann die Tangia auch unter gelegentlichem Rühren in einem schweren und gut schliessenden Topf drei bis vier Stunden lang auf dem Herd köcheln lassen. Das Fleisch wird auch so zart, die Sauce sehr fein. Das Ergebnis aber ist glatter. Das Fleisch bekommt so nicht diese leicht ledrige Note, die es an der Luft im Ofen entwickelt. Und die Sauce ist weicher, sanfter, weniger intensiv. Ausserdem bringt man sich so um den feierlichen und aufregenden Moment, wenn man den Topf nach drei Stunden endlich öffnen darf.

Im Norden der Jemaa el Fnaa liegt, was amerikanische Reiseführer die «Mechoui Alley» getauft haben. Die fünf Imbissbuden in dieser kleinen Strasse bieten alle dasselbe Trio an: Méchoui (im Erdofen geröstetes Lamm), Schafskopf und Tangia. (März 2016)
Die Tangia-Töpfe sind unterschiedlich gross und mehr oder weniger voll, sie nähren je nachdem für 1, 2, 4 oder noch mehr Personen.
Wenn das Papier von dem Tangia-Topf genommen wird, steigt ein Duft auf, der bei Liebhabern von Lammfleisch Halluzinationen auslösen kann und wie ein Lied aus Tausendundeiner Nacht das Nasentrommelfell besingt.
Die Würze der Tangia wird hauptsächlich vom Fleisch selbst, von den Zitronen und vom Safran bestimmt – Knoblauch, Kreuzkümmel und Smen wirken eher im Hintergrund. (Aarau, April 2016, Bild Susanne Vögeli)
Zu Beginn der Kochzeit wirken die Zutaten der Tangia ein wenig wässrig und unverbunden. Im Verlauf der langen Schmorzeit verbinden sie sich und bleiben doch auch einzeln wahrnehmbar. (Zürich, März 2016)
Die Tangia kann gut in einer klassischen Tagine-Form zubereitet werden. (Aarau, April 2016, Bild Susanne Vögeli)
Noch weniger Flüssigkeit entweicht, wenn man einen Teig aus Wasser und Mehl formt, den man zwischen Topf und Deckel klemmt. (Riederalp, März 2016)
Diejenigen Partien des Lamms, die aus der Sauce ragen, bekommen in der heissen Luft des Ofens eine leicht ledrige Oberfläche, die ein wenig an gegrilltes Fleisch erinnert. (Aarau, April 2016, Bild Susanne Vögeli)
Die Tangia ist so reich an Gelatine, dass sie beim Abkühlen zu einem festen Block eindickt. (Zürich, März 2016)

First Publication: 13-6-2016

Modifications: