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Kyiv (Ukraine) Lesi Ukrainky Square
Nordostausgang der Fussgängerunterführung
Donnerstag, 12. März 2015

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In Kiew beherrschen Autos die Strasse – Fussgänger müssen meistens unten durch. Aber sie haben sich die Löcher unter der Strasse komfortabel eingerichtet – es gibt da Bäckereien und Bonbon-Geschäfte, Mobile-Shops, Bier-Theken und Cafés, Tattoostudios und dunkle Ecken, in denen Clochards sitzen und sich mit einer Büroklammer die Zehennägel putzen. Im Unterschied zum Fussgängerstreifen, der die Passanten schlicht von einer Strassenseite auf die andere passieren lässt, kommen mir solche Unterführungen immer wie Orte vor, deren Durchgang auch mit einer Transformation verknüpft sein könnte. Ich verschwinde auf der einen Seite ganz nüchtern in einem Loch und komme auf der anderen Seite betrunken wieder hervor – oder mit einer neuen Frisur, mit einem Anker auf dem Oberarm, mit einem anderen Mobiltelefon, einem blumigen Hemd oder auch nur einer Lust zu rülpsen, die ein etwas hastig getrunkenes Cola verursacht hat.

Möchte man es mit etwas Schwulst formulieren, könnte man das Absteigen in diese Unterwelt auch Tod nennen – und das Auftauchen Geburt. Man könnte sich vorstellen, dass man in das Leben eines beliebigen anderen Passanten hineingeboren würde. Einige wirken beim Auftauchen ja auch leicht verwirrt – als wüssten sie nicht recht, wo sie sind oder wer. Kein Wunder, bestimmt doch der Ort der Geburt unser Leben in ganz grundsätzlicher Weise. Doch man muss gar nicht so weit gehen. Wer wir sind, hängt ja auch davon ab, wo wir gerade stehen. Und da macht es eben auch einen Unterschied, ob wir die Unterwelt durch den Exit Ost verlassen oder den Ausgang West wählen – fängt man an, das etwa eingehender zu reflektieren, könnte man darüber wahnsinnig werden. Zum guten Glück aber fragen wir uns bei den meisten Entscheidungen nicht, was sie für uns bedeuten.

Siehe auch

First Publication: 15-3-2015

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