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Ein Supermarkt in Tokyo beim Bahnhof Shinjuku. (August 2011)

Zutaten

Die verschiedenen Einträge, die wir unter dem Stichwort «Zutaten» zusammengetragen haben, wollen kein Handbuch für den Koch darstellen und auch kein Zutaten-Lexikon ersetzen. Die Seiten sind vielmehr ein Resultat der verschiedenen und sehr unterschiedlich strukturierten Anläufe, die wir im Verlauf der letzten Jahre an das grosse Thema «Essen» genommen haben. Diese Anläufe waren manchmal ziemlich methodisch, gelegentlich historisch, dann wieder rein empirisch, manchmal schwärmerisch, dann wieder sehr prosaisch. Im Zentrum stehen grundsätzlich die Erfahrungen, die wir gemacht haben – und damit verbunden der Versuch, diese Erfahrungen zu ordnen, so zu ordnen, dass sich unser Verständnis für diese Welt erhöht, dass wir eine Haltung dieser Welt gegenüber einnehmen können. Man kann diese Seiten auch als eine Art Tagebuch ansehen, das nicht chronologisch, sondern thematische geordnet ist. Oder man kann den Vergleich zu einem Blog ziehen. So wie so stellen die Seiten eine Schnittstelle zur Welt dar, eine Art Werkzeug für das Weltverständnis, für die Weltumarmung.

Dass eine solche Umarmung an der Grösse der Welt scheitern muss, ist klar. Die Welt lässt sich nicht umklammern – aber ist das ein Grund, es nicht doch zu versuchen? Ein Mittel, mit dem man die Welt zu umklammern versucht, ist das der Ordnung. Was wir einordnen können, eignen wir uns an, nehmen wir in unsere Umarmung auf. Natürlich sehnen wir uns nach einer absoluten Ordnung, in der es keine logischen Lücken gibt – eine Sehnsucht nach dem Absoluten, die durchaus mystische Züge trägt.Aber die Ordnung der Dinge hat ihre Grenzen, natürlich, vor allem in einem Bereich wie dem der Lebensmittel. Denn um nichts geringeres geht es hier als um Mittel zum Leben.

Dass der Kapelan zu den Fischen gehört und das Kaninchen zum Fleisch, scheint eindeutig. Aber wie steht es zum Beispiel mit dem Krokodil? Oder mit der Schlange? Zwar sind es mehrheitlich terrestrische Schlangen, die in Ländern wie China verzehrt werden, aber sie werden in den Restaurants zusammen mit Fischen und Meeresfrüchten angeboten, die hier meist in grossen Glastanks auf die Kunden warten. Also haben wir die Schlange den Fischen zugeschlagen. Zu Recht oder zu Unrecht?

Salz ist kein Gewürz im engeren Sinne – und doch steht es meist mit den Gewürzen im selben Regal. Die Sojasauce und eindeutiger noch Miso sind zwar Produkte der Sojabohne – doch haben sie wirklich unter den «Gemüseprodukten» ihren Platz, würden wir sie nicht eher bei den Gewürzprodukten suchen? Ähnliches gilt für die Bonitoflocken oder für die Zwiebel, die ebenso ein Gemüse ist wie ein Gewürz. Dass wir sie zusammen mit dem Knoblauch zu den Gewürzen gelegt haben, hat dann sogar provoziert, dass wir beim Gemüse die Kategorie «Zwiebelgemüse» aufgelöst haben – und den Lauch, als letzten verbleibenden Vertreter dieser Kategorie, dem «Blüten-, Stiel- & Fruchtgemüse» zuschlugen. Auch die Zitrusfrüchte hätten wir zu den Gewürzen hängen können, und man kann die Speisen ja auch mit Blutwürsten oder mit getrockneten Fischchen aromatisieren…

Tatsächlich scheint uns manche Zuordnung nicht völlig sinnfällig – einziger Trost: auch jede andere Ordnung wäre es nicht.

Insgesamt hoffen wir, dass die Bilder und Texte auf diesen Seiten etwas von der aufgeregten Begeisterung ahnen lassen, die unser Verhältnis zum Thema «Essen» seit Kindheit prägt. Dass Essen und Leben etwas miteinander zu tun haben, hat uns noch vor dem Stimmbruch die Lektüre eines Buchs gelehrt, das wir unserem Grossvater entwenden konnten: «Es muss nicht immer Kaviar sein» von Johannes Mario Simmel. Vermutlich kein Werk der Weltliteratur – und doch haben wir auf seinen Spuren unser erstes «Mosaikbrot» gestopft und im Landurlaub Zwetschgeneis mit soviel Schnaps hergestellt, dass ein ganzer Bauernhof davon betrunken wurde.

Und wenn diese Seiten sonst nichts beweisen, dann wenigstens doch, dass wir auf unsere Weise Jäger und Sammler geblieben sind.

HOIO

First Publication: 9-10-2011

Modifications: 10-10-2011