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«Comfort Food» nennt die englische Sprache Esswaren, deren Verzehr beim Menschen ein Gefühl von Komfort und Wohlbefinden auslösen – diese Suppe aus der Hauptstadt von Kolumbien gehört ganz bestimmt dazu. (Zürich, Februar 2014)

Ajiaco santafereño

Suppe aus verschiedenen Kartoffelsorten und Mais, mit Hühnerfleisch, Guascas und Kapern – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 140211 Bogotá Plaza de Bolívar

Ajiaco (ausgesprochen Ahíaco) gilt als das Nationalgericht von Kolumbien, wobei die berühmteste Version aus Bogotá, genauer aus Santa Fe de Bogotá stammt, dem historischen Kern der heutigen Acht-Millionen-Metropole. Ajiaco besteht zur Hauptsache aus Rinderbrühe, Hühnerfleisch und drei Sorten Kartoffeln. Die grossen gelben und die mittelgrossen roten Papa's, die es für das Rezept braucht, sind auch in Europa leicht zu bekommen – die dritte Sorte aber, die Papa Criolla, ist ausserhalb Kolumbiens nicht zu finden. Diese kleine, helle Kartoffel ist so mehlig, dass sie sich in der Suppe weitgehend auflöst – und also wesentlich zu ihrer cremigen Konsistenz beiträgt. Um diesen Effekt zu imitieren, schneiden wir in unserem Rezept mehlige Kartoffeln klein und kochen sie bis zu ihrer weitgehenden Auflösung. Erst dann garen wir in der so entstandenen Brühe die zwei anderen Kartoffelsorten, die als mundgerechte Stücke in der Suppe schwimmen sollen. Die Papa Criolla bestimmt mit ihrer gelben Farbe aber auch das Aussehen der Suppe – diesen Effekt imitieren wir dadurch, dass wir etwas gemahlenen Safran mitkochen.

Gewürzt wird Ajiaco mit Guascas (Knopfkraut), einem Kraut, das von Kolumbien aus die halbe Welt erobert hat. Als äusserst reproduktionsfreudiges Unkraut machen die Guascas in Europa so manchem Gärtner das Leben schwer – als kulinarische Zutat aber sind sie bei uns trotzdem kaum zu bekommen. Das Knopfkraut verleiht der Suppe ein grasiges, hanfiges, sehr spezielles Aroma – allerdings nur, wenn man es relativ grosszügig einsetzt. Die zwei Ajiacos, die wir in Kolumbien probiert haben, hatten kein Aroma, das sich offensichtlich auf diese Guascas zurückführen liess. Namentlich in dem Ajiaco, das uns das Traditions-Restaurant «Casa Vieja» in Bogotá servierte, konnte wir keinerlei Guascas-Flavour ausmachen – und dies obwohl sogar frische Blätter auf der Suppe schwammen. Das erstaunt weiter nicht, hat das frische Kraut doch nur einen ganz schwachen Eigengeschmack, der sich offenbar auch beim Kochen nicht verstärkt. Wir haben Ajiaco in unserer Küche mit getrockneten Guascas gekocht, die wir aus Kolumbien mitgebracht haben. Auch ohne das Kraut schmeckt das Ajiaco fein – obwohl man die Suppe dann wohl streng genommen nicht mehr Ajiaco nennen darf.

Einen starken Einfluss auf das Aroma haben auch die Kapern, die man am Schluss über die Suppe gibt. Sie sind gewissermassen die Revanche Europas für das Knopfkraut – wurden sie doch von den Europäern in die neue Welt gebracht und machen sich heute in so manch altem Gemäuer in Kolumbien breit, ganz zum Ärger von Hausbesitzern und Restauratoren. Wir verwenden gerne Kapern aus dem Salz, die wir wegen ihres fruchtig-exotischen Aromas ganz besonders schätzen. In Kolumbien wurden uns jeweils Kapern aus Lake serviert, die ein spezielles, leicht kampferartiges Aroma hatten.

Kolumbische Restaurants servieren zu dieser Suppe immer auch eine Schale mit Reis – das scheint uns indes ein Zuviel an Kohlehydraten.

Kochzeit 3 Stunden 20 Minuten
Abkühlzeit (wenn die Brühe entfettet werden soll) 3 Stunden

Zutaten (für 2 bis 4 Personen)

300 bis 400 g Suppenknochen vom Rind

1 grosser Maiskolben von etwa 300 g (oder zwei kleine), in vier bis sechs Stücke zerschnitten

2 TL Salz

1 TL Pfeffer, gemahlen

1 Briefchen gemahlener Safran (130 mg)

200 bis 300 g Brust oder Beinfleisch vom Huhn, ohne Haut

1 Zwiebel, grob gehackt

1 kleiner Bund Koriandergrün (ca. 20 g), grob gehackt

nochmals 1 TL Salz

500 g mehlige Kartoffeln, mehlige Sorte, in kleinen Stücken

300 bis 350 g rotschalige Kartoffeln, eher festkochende Sorte, in mundgerechten Stücken

300 bis 350 g weisse oder gelbe Kartoffeln, festkochende Sorte, in mundgerechten Stücken

3 bis 5 gehäufte EL getrocknete Guascas (Knopfkraut), zwischen den Fingern ein wenig zerrieben

Salz zum Abschmecken

1 kleine Tasse Kapern (ca 50 g) aus dem Salz oder aus der Lake, abgespült

1 kleine Tasse (ca. 1 dl) nicht zu magere Crème fraîche oder Crème double

Zubereitung

  1. Rinderknochen, Mais, 2 TL Salz, Pfeffer, Safran mit 2 L Wasser kalt aufsetzen, zum Kochen bringen, Schaum abschöpfen, Hitze reduzieren und 1½ Stunden halb zugedeckt sanft köcheln lassen.
  2. Rinderbrühe durch ein Sieb in einen sauberen Topf fliessen lassen, Knochen entsorgen, Brühe und Mais beiseite stellen.
  3. Hühnerbrust, Frühlingszwiebeln, Koriandergrün und 1 TL Salz mit 1 L Wasser kalt aufstellen, zum Kochen bringen, Deckel aufsetzen und 20 Minuten köcheln lassen.
  4. Hühnerbrühe durch ein Sieb in einen sauberen Topf fliessen lassen, Zwiebeln und Koriandergrün entsorgen. Die Hühnerbrust etwas abkühlen lassen, dann in mundgerechte Streifen reissen.
  5. Die Brühe von der Hühnerbrust und die Brühe aus den Rinderknochen vermischen.
    Man kann die Brühe auch entfetten. Am besten lässt man sie dafür abkühlen bis das Fett an den Rändern der Oberfläche kleine Plättchen formt und so leicht abgehoben werden kann.
  6. Die klein geschnittenen, mürbe kochenden Kartoffeln hineingeben, nochmals 5 dl Wasser zugiessen, aufkochen lassen, Deckel ganz auflegen und 1 Stunde lange simmern lassen.
  7. Die Brühe mitsamt den Kartoffeln durch ein Passe-vite geben (oder mit dem Handmixer pürieren) und dann mit einem Schneebesen gut durchrühren.
    Die Brühe sollte nun eine leicht dickliche Konsistenz haben – aber durchaus noch flüssig sein. Wenn sie zu fest scheint, nochmals etwas Wasser beigeben.
  8. Die festkochenden Kartoffeln und die Guascas in die Brühe geben und 20 Minuten köcheln.
  9. Hühnerfleisch und Maiskolben beigeben, nochmals 10 Minuten köcheln (oder bis die Kartoffeln gar sind). Mit Salz abschmecken.
  10. Suppe auf Teller oder Schüsseln verteilen, mit einem Kleckser Sahne dekorieren, Kapern separat dazu geben.
    Wenn man Kapern aus dem Salz serviert, dann sollte man beim Abschmecken der Suppe mit Salz eher zurückhaltend sein, da die kleinen Früchte (je nachdem, wie lange man sie wässert) noch ziemlich salzig sein können.

In Bogotá wurde uns zur Suppe auch ein Schälchen mit Avocadostücken serviert.

Bogotá liegt auf mehr als 2600 m ü. M. – da kann es manchmal ganz schön kühl werden. Kein Wunder also, ist die wärmende Suppe hier besonders beliebt: Ajiaco, serviert in der Zona-G-Filiale des Restaurants «Casa Vieja». (Fabruar 2014)
Papas Criollas bei einem Gemüsehändler in Choachi. Diese kleinen gelben Kartoffeln sind ein wesentlicher Bestandteil von Ajiaco – leider aber ausserhalb von Kolumbien kaum zu bekommen. Wir ersetzen sie durch einen Trick. (Februar 2014)
Drei Sorten Kartoffeln, wie man sie in Europa leicht findet – die grossen Exemplare links werden beim Kochen mehlig, die anderen bleiben eher fest. (Zürich, März 2014)

First Publication: 11-3-2014

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