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Die Glace «Comte de Gernande» schmeckt lieblich – und für unsere Begriffe eher nach kindlichen Kuchenträumen in einer wohlig riechenden Küche, denn nach Peitschenhieben und Blutspritzern in einem Keller. (Zürich, Januar 2014)

Glace «Comte de Gernande»

Eis aus Ei und Milch, mit Safran aromatisiert

Das Rezept für diese Nachspeise haben wir von Justine Degeyter bekommen, die heute den Betrieb auf der Plantation «Mont Fouet» in Ahoa leitet. «Mont Fouet» ist der grösste Sanfran-Produzent von Santa Lemusa – kein Wunder also, kommt das Gewürz hier grosszügig zum Einsatz. Das Rezept stammt, wie das für die Brique du Marquis, aus dem Rezepte-Schatz von Justines gleichnamiger Grosstante (mehr dazu hier). Das Eis ist nach dem Comte de Gernande benannt, einem Protagonisten aus de Sades «Justine ou les Malheurs de la vertu» (1791). Der Comte, der sowohl Justine als auch seine Gemahlin regelmässig bis aufs Blut auspeitscht (wobei Justine schliesslich fliehen kann, derweilen die Comtess zu Tode geprügelt wird), pflegt vor dem Griff zu Geisel jeweils ein opulentes Diner zu sich zu nehmen, das die geplagte Heroine wie folg beschreibt: «Ce que je vis était donc l'histoire de tous les jours. On servit deux potages, l'un de pâte au safran, l'autre une bisque au coulis de jambon; au milieu un aloyau de bœuf à l'anglaise, huit hors-d'œuvre, cinq grosses entrées, cinq déguisées et plus légères, une hure de sanglier au milieu de huit plats de rôti, qu'on releva par deux services d'entremets, et seize plats de fruits; des glaces, six sortes de vins, quatre espèces de liqueurs, et du café. M. de Gernande entama tous les plats, quelques-uns furent entièrement vidés par lui; il but douze bouteilles de vin, quatre de Bourgogne, en commençant, quatre de Champagne au rôti; le Tokai, le Mulseau, l'Hermitage et le Madère furent avalés au fruit. Il termina par deux bouteilles de liqueurs des Îles et dix tasses de café. Aussi frais en sortant de là que s'il fût venu de s'éveiller, M. de Gernande me dit: ‹Allons saigner ta maîtresse; tu me diras, je te prie, si je m'y prends aussi bien avec elle qu'avec toi.›»

Die Rezeptblätter der Grosstante enthalten einen Hinweis auf dieses «Menu de l'ogre» – zusammen mit der Bemerkung, dass ein Safraneis wunderbar in die Speisefolge des Comte gepasst hätte: «Après la soupe au safran du début, la glace reprendrait le motif en fin de repas. Et elle saura exciter le comte – car les filaments de safran sont assis comme des coups de fouet dans la peau frémissante de la glace.»

Was auch immer die verschiedenen Justinen in dem Eis gesehen haben mögen, unserer Ansicht nach schmeckt es ausserordentlich lieblich – eher nach kindlichen Kuchenträumen in einer wohlig riechenden Küche, denn nach Peitschenhieben und Blutspritzern in einem Keller.

Zutaten (für 4 Portionen)

2.5 dl Milch

0.4 g g Safran, leicht zerbröselt

2 Eigelb

40 g Zucker

Zubereitung

  1. Milch aufkochen lassen, vom Feuer nehmen, die leicht zerkrümelten Safranfäden hineingeben und 10 Minuten ziehen lassen.
  2. Eigelb und Zucker verrühren und schlagen bis die Masse dicklich und schaumig ist (3 Minuten)
  3. Die Eigelb-Zucker-Mischung zu der Milch geben und unter ständigem Rühren mit einem Kochlöffel sorgfältig erhitzen (aber nicht zum Kochen bringen). Sobald die Sauce dicklich ist (so, dass der Löffel in der Masse eine leichte Spur hinterlässt) in eine kalte Schüssel giessen, abdecken und unter gelegentlichem Rühren auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.
  4. Masse in die Eismaschine geben – oder in einem Behälter in den Gefrierschrank stellen und regelmässig umrühren.
    Wir besitzen keine Eismaschine, was manchmal eindeutig Nachteile hat (Bildung von Eiskristallen etc.) – im Fall dieses Rezeptes aber bekommt man auch so eine schöne Konsistenz hin.

Das Eis hält sich im Tiefkhühler mehrere Wochen lang. Es sollte jedoch etwa 30 Minuten vor dem Essen aus der grossen Kälte geholt werden.

Für die Justinen aller Generationen wäre das Safraneis der passende Abschluss für das «Menu de l'ogre», das sich der Comte de Gernande vor dem Griff zur Peitsche gönnt.
Wir haben das Eis auch schon mit Krokant serviert, doch es schmeckt ohne viel eindeutiger, was uns besser gefällt.

First Publication: 29-1-2014

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